Denkwürdige Karrieren

Fallhöhen

„Da schau her, Edmund!“, schrieb „Park Avenue“ kokett. Auf den „goldenen Stretchmini“ und ganz besonders auf die schwarzen Latexhandschuhe, die Gabriele Pauli zur roten Perücke auf einem der „aufreizenden“ (dpa), „völlig harmlosen“ („Berliner Zeitung“) Bilder im Hochglanzheft trug, schaute aber die ganze Medienrepublik. „Diese Pose wirkt … leider nichts als peinlich, und wenn man auf das Bild schaut, meint man zu erkennen, Pauli ahne das auch“, meinte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und erahnte dennoch Parallelen zu Scharpings Badefotostrecke aus der „Bunten“ 2001. So weit wollte die „Welt“ nicht gehen, weil „Paulis Fallhöhe geringer ist“ als beim damaligen SPD-Vorsitzenden Scharping. „Wer darin etwas Domina-haftes sieht, zeigt, welchen Erfahrungshintergrund er hat“, sagte Pauli selbst („sueddeutsche.de“). Überhaupt äußerte sie sich über „das Fotoshooting am Donnerstag nach dem Aschermittwoch“ (gabriele-pauli.de) und die Resultate oft und unterschiedlich. Nachdem sie in einem auch breit zitierten Brief an „Park Avenue“ (Chefredakteur: Andreas Petzold) Kritik an der „Aufmachung“ der Fotos geäußert hatte, äußerte sie im „Stern“ (Co-Chefredakteur: Petzold) Kritik an der „aufgebauschten“ Kritik an den Fotos. In der „Christiansen“-Sendung zum Thema Eisbär Knut äußerte sie sich auch in eigener Sache; Und als wohl erste Politik-Personality nach Guido Westerwelle erhielt sie schließlich eine Einladung in den „Big Brother“-Container. Da auch registriert wurde, dass Gruner+Jahrs bislang eher kriselndes „Personality Magazin“ „doch einmal einen Scoop gelandet hat“ („FAZ“), ließe sich fast von einer aufmerksamkeitsökonomischen Win-/win-Situation sprechen – wenn Frau Pauli keine Karriere mehr in der CSU anstrebte und „Park Avenue“ nicht mehr bevorzugt „feingeistigen und investigativen Journalismus von höchster Qualität“ (Eigen-PR) bieten wollte.

Oben & unten

„Die Hälfte meines Erfolgs ist die Ohnmacht der Medienjournalisten, die immer wieder versucht haben, Sabine Christiansen nachzuweisen, dass sie es nicht kann“, sagte Frank Plasberg zum „Spiegel“. Das Magazin legte seine Strategie frei, „wir hier unten“ gegen „Ihr da oben“ auszuspielen und dabei Einspielfilme „als Wurfgeschosse“ zu nutzen; die Ahnung, von den Medienjournalisten entzaubert zu werden, antizipierte der endlich ins „Erste“ geschriebene WDR-Moderator natürlich selbst. Und auch wenn „die Sprunghaftigkeit der Hierarchen“ der ARD ratlos macht, lässt es staunen, wie es dem „föderalistischen Monstrum“ (jeweils: Hans Leyendecker, „SZ“) gelingt, Aufmerksamkeit für noch jede Diskussion um Sendeplatzfragen und Subpersonalien zur Christiansen-Nachfolge zu entfesseln. Was übrigens den Ausschlag für Caren Miosga als „Tagesthemen“-Moderatorin gegeben haben könnte, ist „eine erstaunliche Parallele“ mit Anne Will: Auch Miosga „beherrscht die Kunst des Augenbrauenlupfens“ („Spiegel Online“).

Kummers Koffer

Mit blendendem Selbstbewusstsein sowie mit einem Koffer („taz“) oder zumindest einer Plastiktüte („Tagesspiegel“) voller „SZ-Magazine“ trat eine berüchtigte Reporterlegende der Presse zwecks Buchpromotion entgegen: Tom Kummer berichtete eloquent von seiner Rebellion „gegen die eingleisige, faktenorientierte Haltung vieler Journalisten“ („taz“-Interview), ja: vom „Kriegszustand“, der „schon damit“ losgeht, „dass sich Journalisten gegenseitig als Feinde betrachten“ („Netzeitung“-Interview). Das gibt er übrigens im Juni auch auf dem Podium des netzwerks recherche in Hamburg zum besten.

Medienalbanien

„Wir gehen sogar später als Albanien an den Start!“, rief Klaus Goldhammer, seines Zeichens „Medienanalyst“, aus, als sei er ein Christiansen-Gast. Dabei hatte ihn nur die „taz“ befragt, die unter der Überschrift „Glotzen mit der Quatsche“ konkurrierende Handyfernseh-Standards vorstellte. Dass die pejorative Nationalmetapher nordwärts gewandert ist, dürfte zumindest Österreicher freuen. Hatte deren Heimat doch (wegen ihrer Privatfernseh-Gesetze) lange den „Medienalbanien“-Titel inne.

Erschienen in Ausgabe 5/2007 in der Rubrik „Chronik“ auf Seite 15 bis 15 Autor/en: Christian Bartels. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.