Wer kriegt die „Süddeutsche“?

Beim Süddeutschen Verlag herrscht die Ruhe vor dem Sturm. Im Münchner Traditionsverlag mit seinem Flaggschiff, der „Süddeutschen Zeitung“, wurden in den vergangenen Wochen gebannt die Eröffnungszüge in der großen Schlacht um die Mehrheit im Haus beobachtet. Nach heftigen Duellen vor Gericht und in den Führungsgremien hat nun eine kurze Besinnungsphase eingesetzt. Bis zum 1. Juli – dem Ende der vertraglich vereinbarten fünfjährigen Haltepflicht der Gesellschaftsanteile – bleibt noch Zeit, ein quasi öffentliches Bieterverfahren um die zum Verkauf stehenden Anteile abzuwenden und eine einvernehmliche Lösung zwischen der Gesellschaftergruppen Friedmann/Südwestdeutsche Medienholding SWMH ( 37,5 Prozent) und Dürrmeier/Goldschagg/Schwingenstein/von Seidlein (62,5 Prozent) zu erzielen. Die Voraussetzung: Der Preis muss stimmen. Doch während die Stuttgarter den Gesamtverlag angeblich mit rund 750 Millionen Euro taxieren, schwebt den verkaufsbereiten Gesellschaftern ein Wert von etwa einer Milliarde Euro vor.

Der heftige Schlagabtausch in den vergangenen Wochen entzündete sich an der Frage, ob die vier verkaufsbereiten Gesellschafter eine Buchprüfung einleiten dürfen, um den Wert des Hauses zu ermitteln. Die Stuttgarter SWMH, ausgestattet mit einem Vorkaufsrecht, wollte die Eröffnung des sogenannten due-dilligence-Verfahrens verhindern und bedrohte gar die Geschäftsführung mit Strafanzeige wegen Geheimnisverrats. Die verkaufswilligen Gesellschafter setzten sich vor Gericht zunächst aber durch – die Bücher werden offen gelegt. Moralischer Sieger war gleichwohl die Stuttgarter Gruppe und Gesellschafter Friedmann, der frühzeitig davor gewarnt hatte, dass ein Finanzinvestor als Mehrheitseigner einsteigen könnte. Es heißt, SWMH-Aufsichtsrat Richard Rebmann (Verleger „Schwarzwälder Bote“) habe einem potenziellen Investor außerdem klargemacht, dass er wenig Freude an seinem neuen Eigentum haben werde („wir bleiben drin“). Die Südwestdeutschen sind offenbar verbittert, weil sie in der Zeitungskrise 2002 den Münchner Verlag und die in der Vergangenheit wenig investitionsfreudigen Erben vor der Insolvenz retteten und dafür einen hohen Einstiegspreis zahlten. Ihr Rechtsvertreter spricht vor Gericht nun davon, dass die Altgesellschaft ihre Anteile „verzocken“ wollten.

Die verkaufswilligen Altgesellschafter wollten sich Ende April in den Gremien für den Ausflug vor Gericht revanchieren und die Stuttgarter Vertreter im Herausgeber- und im Aufsichtsrat abwählen. Die kamen ihnen mit einem freiwilligen Rückzug zuvor, „weil das Vertrauensverhältnis zerrüttet“ sei.

Nach den ersten Scharmützeln lecken beide Seiten nun die Wunden und sind erschreckt über die hohe Publizität und die Anwaltskosten. Außerdem scheint beiden Seiten aufzugehen, dass ihre heftige Auseinandersetzung insgesamt schlecht ist fürs Geschäft. Die Stuttgarter, berüchtigt für ihre Scheu vor dem Rampenlicht, könnten dem Spuk mit einem neuen Angebot schnell ein Ende bereiten. Beistand, womöglich in Form einer Minderheitenbeteiligung, scheinen sie bereits zu haben. Am 23. April feierten sie – vertreten durch den einflussreichen „Südwestpresse“-Verleger Eberhard Ebner, Lebensgefährte von Anneliese Friedmann – mit dem Kölner Verleger Alfred Neven DuMont in Berlin dessen 80. Geburtstag. Der hatte wenige Tage zuvor deutlich sein Interesse am „Süddeutschen Verlag“ angemeldet – ein durchaus ernst gemeintes Kaufinteresse, trotz „Frankfurter Rundschau“. Von dort ist er eine Verlagsführung mit Partnern ja auch mittlerweile gewöhnt.

Annette Milz

Erschienen in Ausgabe 5/2007 in der Rubrik „Kurz u. Bündig“ auf Seite 8 bis 8. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.