Manchmal fragt man sich schon, welche Berechtigung Diskussionsrunden haben, in denen es eigentlich nicht viel zu diskutieren gibt. „Wie politisch muss Unterhaltung sein?“ war das Thema des zweiten DGB-Mediengesprächs am 15. Mai im ARD-Hauptstadtstudio, und die prominenten Fernsehmacher in der von Bettina Böttinger moderierten Runde waren sich im entscheidenden Kernpunkt einig: „Gar nicht. Wieso auch?“ Dabei hatte Bernd Gäbler, Medienexperte und ehemals Geschäftsführer des Adolf Grimme Instituts, in seinem einleitenden Referat (komplett nachzulesen im „Tagesspiegel“ vom 20. Mai) durchaus ein paar Kritikpunkte an dem vorgebracht, was das deutsche Fernsehen unter Unterhaltung versteht: Im Ausland parodiert Adriano Celentano Silvio Berlusconi, Michael Moore kriegt einen Oscar, in Deutschland dagegen herrsche der Triumph des Trivialen, eine laue Konsenskultur, und die Jugend hat ohnehin schon abgeschaltet.
Auf dem Podium war Gäbler jedoch nicht mehr vertreten. Die Opposition zu den anwesenden Fernsehmachern war dafür vertreten in Form von Leni Breymaier, verdi-Landesvorsitzende aus Baden-Württemberg, die nach eigenen Angaben kaum fernsieht und bemängelte, dass in Arztserien nie die wirklichen Probleme der Krankenschwestern gezeigt würden. Ach was.
Filmproduzentin Regina Ziegler sagte, dass ihrer Erfahrung nach Menschen, die den ganzen Tag Reibung auf der Arbeit hätten, abends nicht gern die gleichen Probleme auch noch im Fernsehen anschauen möchten. ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut verteidigte seinen Quotendampfer „Traumschiff“, der einmal nach Burma fuhr, ohne dabei auf die dortigen gesellschaftlichen Verhältnisse einzugehen: Politik finde in den öffentlich-rechtlichen Programmen ja ausführlich statt, aber an anderer und mehr angemessener Stelle. Bettina Thielen, Bereichsleiterin Fiction bei RTL, widersprach dem beliebten Argument, dass in den USA die Serien so sehr viel besser seien als in Deutschland: Auch da gebe es zwischen viel mittelmäßigem nur ein paar wenige – dafür aber außerordentlich – gute Formate. Und die frisch wiedergewählte RBB-Intendantin Dagmar Reim verteidigte reine Fiktion als solche in ihrer Existenz: „Eine Fernsehkulisse für einen Spielfilm ist nicht Abbild der Wirklichkeit.“
Sehr unterhaltend, wenn auch gänzlich unpolitisch, war das anschließende Streitgespräch zwischen Moderator Jörg Thadeusz, dem Leiter der WDR-Fernsehunterhaltung Axel Beyer, und Klaus Bassiner, verantwortlich beim ZDF für Vorabendserien. Thadeusz stellte die eigentliche Frage des Abends: „Wie erschöpft muss man eigentlich sein, um sich eine Serie wie, Der Fürst und das Mädchen‘ anzuschauen?“ Zur Zufriedenheit beantwortet werden konnte dies nicht.
Sonja Niemann
Erschienen in Ausgabe 6/2007 in der Rubrik „Kurz u. Bündig“ auf Seite 10 bis 11. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.