Posener-Posse

Hätte Christoph Keese zu Alan Poseners Blog-Eintrag „Wir sind Papst!“ doch einfach einen Kommentar geschrieben. Dass ein Ausdruck wie „Wichsvorlage“ stilistisch nicht zu „Welt Online“ passt, wo Poseners Blog „Apocalypso“ erscheint. Oder dass Polemiken über ein Buch, das man noch nicht gelesen hat, argumentativ nicht so überzeugen. Posener, hauptberuflich Kommentarchef der „WamS“, hatte sich bloß auf Grund einer Vorankündigung über ein Buch des „Bild“-Zeitungschefredakteurs Kai Diekmann lustig gemacht. Die offenbar gewünschte konzern-interne disziplinarische Wirkung hätte ein Chef-Kommentar jedenfalls gehabt. Keese hätte alle, die ihm nicht glauben mögen, dass Springer „einer der liberalsten Verlage Deutschlands“ ist, eines Besseren belehrt. Das Exempel dafür hätte sich sogar bei Wikipedia verlinken lassen.

Doch so kam es nicht. Vielmehr verschwand Poseners Schmäh kommentarlos aus der „Welt“-Site, um dafür umso heftiger im großen weiten Internet kommentiert zu werden. „Löschen im Web 2.0 keine gute Idee“, war da einer der nüchsternsten Kommentare, geschrieben von Peter Schink, „Leiter Produktentwicklung Online“ bei der „Welt“, in seinem privaten Blog. Er zählte 218 Weblog-Einträge in 24 Stunden zum Thema. Wenige Tage später waren es bereits über 400. „Käse von Keese … Gott, was für ein Armutszeugnis!“, kommentierte Lorenz Lorenz-Meyer (siehe auch „Standpunkt“, Seite 13), und das war noch einer der freundlicheren Kommentare. Springer als liberalen oder auch nur: ganz normalen Verlag zu sehen, ist seit der Posener-Posse wieder schwerer geworden.

Christian Bartels

Erschienen in Ausgabe 6/2007 in der Rubrik „Kurz u. Bündig“ auf Seite 10 bis 10. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.