„Ausgebloggt“

Weblogs leben von besonders freier, gern streitbarer Meinungsäußerung, die unmittelbar und autonom im Internet publiziert wird. Jeder Blogger ist sein eigener Chefredakteur. Wieviel Blogs es gibt, ist ungewiss. Schätzungen reichen von 1,6 Millionen im deutschen Sprachraum bis zu „nur“ 27000, die tatsächlich regelmäßig aktualisiert werden.

Wir wollten wissen, wie es die veritablen Chefredakteure aus (noch sogenannten) klassischen Medienhäusern mit dem Format halten, das wie kaum ein anderes Interaktion mit Lesern provoziert. Bei unserem Streifzug durchs Netz fiel auf, dass gerade die Online-Vorreiter nicht zu den Blog-Aktiven gehören: Jochen Wegner hat seit Antritt als „Focus online“-Chefredakteur im Januar 2007 seinen „strikt privaten Blog“ „selbr.de“ nicht mehr aktualisiert – aber eher aus Zeitnot als aus grundsätzlichen Erwägungen. „Spiegel online“-Kollege Matthias Müller Blumencron gilt ohnehin als Blog-Skeptiker und hält redaktionelle Blogs eher für problematisch, weil sie doch stets an die Medien-Marke gebunden seien und demzufolge auch deren redaktionellen Regeln unterliegen müssten. Welches Problem dadurch enstehen könnte, erlebte kürzlich Christoph Keese bei „welt online“ mit dem Blog-Eintrag des WamS-Kommentarchefs Alan Posner zu „Bild“ (s.a. „medium magazin“ 6/07). Keese selbst hat seinen Chefblog (http://debatte.welt.de/weblogs/44/im+newsroom), in dem er eigentlich über „Debatten am Chefbalken“ berichten wollte, Mitte Juni ganz aus dem Netz genommen. „Zeit.de“-Chefredakteur Gero von Randow hat übrigens bereits im Juni 2005 „ausgebloggt“. Sein Weblog „Megawatt“ liegt seither auf dem „Blogfriedhof“ der „Zeit“: „Hier ruhen Weblogs, an denen wir zu ihren Lebzeiten Freude hatten. Alles ist endlich“. Aber immerhin weiterhin lesbar. cb

Erschienen in Ausgabe 7/2007 in der Rubrik „Beruf“ auf Seite 69 bis 69. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.