Naturgewalt

Ihre Bilder schießt die „Reuters“-Fotografin Ina Fassbender (42) eigentlich für deutsche Tageszeitungen. Eines aber ging um die Welt: Die CNN-Nachrichten bebilderten einen Beitrag über die deutsche Frühjahrs-Hitze mit einem Foto Fassbenders, das den ausgetrockneten Rhein bei Düsseldorf Anfang Mai zeigt. „Eigentlich ein ganz normales Wetter-Feature“, sagt die Fotografin. Morgens noch hatte sie bei der Hauptversammlung der Telekom-Aktionäre Rene Obermann und Kollegen fotografiert, als sie am Nachmittag bei Düsseldorf in das Flussbett des Rheins steigt und mit ihrer „Canon Eos“ ohne Stativ einfach abdrückt. Die Froschperspektive verleiht dem rissigen Rhein-Bett einen bedrohlichen Charakter: Eine Sahel-Zone jetzt auch in Nordrhein-Westfalen? Fassbender bemerkt, dass Umwelt- und Klima-Themen bei ihren Auftraggebern eine zunehmende Rolle spielen. „Ich bin in den Siebzigern aufgewachsen“, sagt sie, „als Umwelt-Themen noch keinen Menschen außer den angeblich verrückten Grünen interessiert haben.“ Heute ist sie oft unterwegs, wenn die Natur wütet. Als die Rheinländerin nach ihrem Foto-Einsatz im Flussbett des Rheins das Dürre-Foto auf dem Computer sieht, da ist ihr klar: „Damit kannst du zufrieden sein.“

Patrick Pleul (37), Fotograf der dpa in Berlin und Brandenburg, kann professionelle Freude über sein Bild eines Blitzes, der in einem Waldstück in der Niederlausitz einschlägt, nicht verbergen: „Das Foto ist gut gelungen“, sagt er heute. Gelungen ist es aber nur, weil Pleul, wie er sagt, „extrem unvernünftig“ war: Statt ins sichere Auto zu springen, ging er dem nahenden Gewitter entgegen und drückte immer wieder ab. Pleul besuchte am 27. Mai mit seinem Sohn ein Indianerfest in Krügersdorf bei Beeskow, etwa 80 km südöstlich von Berlin. Als die ersten Blitze am Horizont zu sehen waren, löste sich das Fest schlagartig auf, die Besucher brachten sich in Sicherheit. Pleul, der ohne seine „Canon Eos“ das Haus nicht verlässt, konnte nicht widerstehen, setzte seinen Sohn ins Auto und drückte ab. Es genügte, mit einer Verschlusszeit von einem Sechzigstel einfach draufzuhalten – so lange stand der Blitz am Himmel. Abends erfuhr Pleul, dass bei dem Gewitter, das er gerade fotografiert hatte, nicht weit entfernt drei Bauarbeiter ums Leben gekommen waren, als sie unter einem Bagger Schutz vor den Blitzeinschlägen suchten. In Zukunft, sagt Pleul heute, will er Gewitter nur noch aus dem Auto heraus fotografieren.

Erschienen in Ausgabe 7/2007 in der Rubrik „Fotos des Monats“ auf Seite 6 bis 7 Autor/en: Jochen Brenner. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.