Reporter-Forum wird ausgebaut

Exzellente Reporter rangen früher um den Egon-Erwin-Kisch-Preis, der jeder Karriere lebenslangen Glanz verlieh. Heute erhalten gute Schreiber den Henri-Nannen-Preis für besonders verständliche oder humorvolle Berichterstattung, fürs Lebenswerk und auch für gute Reportagen. Ein Branchentreffen deutscher Reporter ist das glamouröse Medienfest in Hamburg nicht mehr.

Wer das bedauert, fand Trost beim ersten „Reporter-Forum“ Anfang Juni in Hamburg. (s.a. „medium magazin“ 04/07). Über 200 Teilnehmer diskutierten mit erfahrenen Reportern von „Zeit“, „Spiegel“, „Geo“, „Süddeutscher“ und Stuttgarter Zeitung“ – darunter beispielsweise Ulrich Fichtner, Alexander Osang, Klaus Brinkbäumer und Josef-Otto Freudenreich – in kleinen Werkstattgruppen über ihren Job. Mit unterschiedlichem Gewinn für die Teilnehmer: Die einen Dozenten halten das erzählerische Schreiben mehr für eine Talentfrage als handwerkliches Können, andere wie Reporter-Chef des „Spiegel“, Cordt Schnibben verteilten handfeste handwerkliche Regeln („Von der guten zur sehr guten Reportage“) oder beschrieben anschaulich Reporter-Tugenden (Alexander Osang: „Man muss gern in fremden Wohnzimmern sitzen.“)

Ins Leben gerufen haben den Reporter-Kongress Ariel Hauptmeier („Geo“), Stephan Lebert („Zeit“) und Cordt Schnibben, Ressortleiter „Gesellschaft“ des „Spiegel“, der die Rolle des Gastgebers übernommen hatte. Über das ganze „Spiegel“-Haus an der Hamburger Brandstwiete verteilt sah man das diskutierfreudige Publikum sitzen: In der legendären Kantine, in Rudolf Augsteins altem Büro oder einfach auf den Redaktionsfluren, von denen viele den Blick auf den Hafen freigeben.

Dort lümmelte am Abend im Sand einer Strandbar die deutsche Reporter-Elite mit ihren Jüngern und mit dem Caipirinha-Pegel stieg Diskutierfreude und fielen die Standesgrenzen. Benjamin von Stuckrad-Barre trug Glatze zu weißen Lederslippern und rauchte Kette, Moritz von Uslar blickte gewohnt finster unter einer Army-Mütze hervor und Cordt Schnibben thronte mit einem Zitronenbier in der Hand zwischen allen auf einem Liegestuhl und war sichtlich zufrieden mit dem Verlauf der Premiere.

Im kommenden Jahr planen Schnibben und seine Kollegen eine Neuauflage des Reporter-Forums. Empfehlenswert ist daher die Seite http://www.reporter-forum.de, die sich zu einer Plattform für gute Reportagen entwickeln soll. Auf ihr werden in Kürze auch die während des Forums besprochenen Texte zu lesen sein. Ebenfalls online werden ab Juli Mitglieder des Reporter-Forums aktuelle Reportagen aus Magazinen und Tageszeitungen rezensieren. mm

Erschienen in Ausgabe 7/2007 in der Rubrik „Kurz & Bündig“ auf Seite 8 bis 8. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.