Die Fakten zur Digitalisierungsoffensive

ARD und ZDF sind gerade an einem traurigen Tiefpunkt angekommen: Die ARD verzeichnete im April in der Zielgruppe der 14-bis 49-Jährigen den schlechtesten Marktanteil der Sendergeschichte, das ZDF folgte im Mai. Das Zweite lag in diesem Zuschauersegment noch unter den Anteilen der privaten Sender VOX und RTL2 und nur gleichauf mit Kabel1. Kurzum: Die Öffentlich-Rechtlichen stehen bei den jungen Menschen so schlecht da wie nie. Sie wandern, zu den Privaten  aber vor allem ins Netz.

Die Nutzer. Auch um diese offenbar kollektiv flüchtende Zielgruppe wieder einzufangen, baut das ZDF sein Videoangebot im Netz kräftig aus und hat damit großen Erfolg. Eine eigene Erhebung zeigt, dass hinter mehr als der Hälfte der inzwischen monatlich knapp sieben Millionen Video-Abrufe Nutzer im Alter unter 30 Jahren stecken. Und auch die ARD hat sich im Juni eine eigene Digitalstrategie verpasst. Auch hier ist das Ziel, noch in diesem Jahr eine eigene Online-Plattform für Radio- und Fernsehinhalte aufzubauen. Dort sollen die bestehenden Inhalte außerdem noch in eigene themenspezifische Kanäle zusammengefasst werden. Dazu sind unter anderem auch die ebenfalls gebührenfinanzierten Programme Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur „ausdrücklich“ eingeladen, wie es in dem Papier heißt.

Die Gegner. Spätestens seit das Strategiepapier „Die ARD in der digitalen Medienwelt“ bekannt wurde, laufen allerdings die Zeitungen und Zeitschriften sowie ihre Verbände Sturm (siehe auch „Chronik“ auf Seite 12). Das Problem: Zwar sind die Ausgaben der öffentlich-rechtlichen Sender derzeit auf 0,75 Prozent des Gesamtetats gedeckelt. Diese Begrenzung, die eine Selbstverpflichtung der Anstalten und nicht medienpolitisch vorgegeben ist, läuft allerdings Ende nächsten Jahres aus. Die Verleger versuchen nun, die Medienpolitik davon zu überzeugen, dass eine Folgeregelung nötig ist, um die Expansion der Öffentlich-Rechtlichen im Internet zu begrenzen. Schließlich stoßen sie in einen Markt vor, der schon von Größen wie „Spiegel Online“ über Sueddeutsche.de bis hin zu kleinen regionalen Zeitungs-Portalen heiß umkämpft ist.

Der Vertrag. 2009 steht zudem ein neuer, dann der zehnte Rundfunkstaatsvertrag an. Das ist deswegen interessant, weil der derzeit gültige vorsieht, dass die Sender nur „programmbegleitend“ im Internet unterwegs sein dürfen. Wie das auszulegen ist, ist ebenfalls umstritten. Die Verleger sagen: ARD und ZDF dürfen nur ohnehin für die traditionellen Medien erstelltes Material online stellen  und das eigentlich auch nicht mit Texten ergänzen. Die Sender starten allerdings immer wieder Projekte, die darüber hinausgehen  derzeit das ZDF etwa mit seinem „Forum zum Freitag“, das im Netz exklusive Videobeiträge bereithält.

Die EU-Auflagen. Außerdem hatte die EU-Kommission im April dieses Jahres ein Beihilfeverfahren zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland unter Auflagen eingestellt, die ebenfalls in den neuen Rundfunkstaatsvertrag der Länder einfließen werden. Die Auflagen sollen laut Kommission sicherstellen, dass sich die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks „auf das wirklich notwendige Maß beschränkt“. Für die noch immer „neue Medien“ genannten digitalen Plattformen muss die deutsche Medienpolitik nun unter anderem neue Richtlinien erlassen und darin die Grenzen für die gebührenfinanzierten Sender aufzeigen. Auch müssten neue Mediendienste von ARD und ZDF von den Ländern künftig genehmigt werden. Ein Durchwinken in den sendereigenen Aufsichtsgremien wie den Fernsehräten reicht dann nicht mehr aus. Daniel Bouhs

Erschienen in Ausgabe 8/2007 in der Rubrik „Titel“ auf Seite 22 bis 22. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.