Die Ergebnisse der Blickaufzeichnung machen deutlich, wie die Gestaltung der Zeitung beeinflusst, was und wie intensiv Leser lesen. Als Resultat vier Empfehlungen für eine lesefreundliche Gestaltung-in allen Formaten:
1. Makrostrukturen und klare Einstiegspunkte: Der modulare Blockumbruch ist das geeignete Mittel, um dem Zonenprinzip der Leser zu entsprechen: Eine klare Makrostruktur der Seite erleichtert die Indentifizierung von „Areas of Interest“, die der Reihe nach abgearbeitet werden. Optisch auffallende Einstiegselemente fungieren als Drehscheibe, von der aus die Aufmerksamkeit verteilt wird. Leser lassen sich durch das Layout aber nicht manipulieren: sie folgen auch eigenen Pfaden.
2. Attraktive Doppelseiten: Gegenüberliegende Seiten, die als Doppelseite gestaltet sind, haben die höchste Anzahl von Blicksprüngen zwischen den Seiten. Sie werden also als Einheit wahrgenommen. Dieses Lesemuster lässt sich nutzen, um längere Beiträge und umfassende Themencluster zu präsentieren. Dass dabei das Tabloid sogar das Broadsheet als Vertiefungsmedium übertreffen kann, zeigen die guten Lesequoten (Abbildung 2).
3. Kurzmeldungen und Teaser statt Inhaltsverzeichnisse: Für beide Formate gilt: Orientierungselemente wie Teaser, Überschriften, Kurzmeldungen werden in beiden Formaten früh wahrgenommen, was allerdings nichts darüber aussagt, wie intensiv sie genutzt werden. Klassische, nach Ressorts gegliederte Inhaltsverzeichnisse auf Titelseiten, wie sie die „Welt“ anbietet, werden kaum gelesen. In der „Welt Kompakt“ ist das Inhaltsverzeichnis mit „Nachrichten“ überschrieben und besteht aus echten Kurznachrichten mit Verweisen: Im Unterschied zum „Welt“-Inhaltsverzeichnis fand die Kurzmeldungsleiste in der Kompaktausgabe überdurchschnittlich viel Aufmerksamkeit-18 von 22 Testpersonen lasen die Texte wenigstens an. Früh und intensiv werden auch Teaser über oder unter dem Seitenkopf wahrgenommen, die Fotos und Text kombinieren – eine Chance der Leserorientierung, die die neue „Frankfurter Rundschau“ verschenkt.
4. Mehr Sorgfalt für kurze Texte: Kurze Texte bekommen eine hohe Aufmerksamkeit und werden oft intensiver gelesen als lange Texte. Die Leser stellen den Aufwand für das Lesen langer Texte in Beziehung zum erwarteten Ertrag: Dabei schneiden Kurzmeldungen sehr gut ab. In der „Welt Kompakt“ etwa zählen Kurzformate wie „Zitat des Tages“ oder „Zahl des Tages“ zu den meistgelesenen Texten. Ebenfalls auffällig: Infokästen bwerden stark beachtet. Leser erwarten hier allerdings eher einen schnellen Einstieg oder eine Zusammenfassung, weniger eine Sammlung von aus dem Text ausgelagerten Zahlen und Fakten. hjb/ps
Erschienen in Ausgabe 8/2007 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 30 bis 30. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.