Bücherkiste

Reisende Reporterin

Sibylle Hamann, Dilettanten unterwegs. Journalismus in der weiten Welt, Picus Verlag, Wien 2007, 175 S., 14,90 Euro

Traum vieler Journalisten und hartes Brot zugleich: die Auslandsreportage. Sibylle Hamann, Redakteurin des österreichischen Wochenmagazins „Profil“, hat von den Krisenherden der Welt berichtet – ob aus dem Kongo, Afghanistan oder dem Kosovo. Ihre Erkenntnisse gab sie im Rahmen der Wiener Theodor-Herzl-Vorlesung 2006 weiter. Ergänzt um sechs Beiträge der Autorin sind sie unter dem Titel „Dilettanten unterwegs“ als Buch erschienen. Sibylle Hamann, schon als Studentin viel gereist, entzaubert den Mythos der Reportage „vor Ort“. Journalismus entstehe nicht aus perfekten Umständen heraus, er müsse notwendigerweise improvisieren. Die provokante These: Wirklich guter Journalismus gestehe sich ein, dass er „Pfusch“ sei. In einer weiteren Vorlesung stellte die Afrika-Spezialistin die Frage: Wie viel Mitleid tut der Wahrheit gut? Ihre Antwort: Katastrophen-Journalismus führe dazu, dass vor allem Journalisten, Helfer und spendendes Publikum sich moralisch besser fühlten. Welcher Chefredakteur wolle schon hören, dass die Hungersnot im Sudan „doch nicht so schlimm“ sei?.

TV-Praxis für Einsteiger

Carl Marciniak, Fernsehjournalismus. Praxiswissen für Einsteiger, Klar Verlag, Augsburg 2007, 159 S., 14,95 Euro

Dem Einstiegssatz in Carl Marciniaks Buch „Fernsehjournalismus“ muss widersprochen werden: Der Zeitungsjournalist schreibe seinen Text, alles Weitere, wie die Gestaltung des Layouts, sei nicht seine Aufgabe. In Redaktionen sieht es längst anders aus. Fernsehjournalisten hingegen waren schon immer sehr weitgehend in die technische Produktion eingebunden. Der Autor, der seit mehr als 30 Jahren für das ZDF und andere Fernsehanstalten als Kameramann und Regisseur arbeitet, zeigt in seiner recht knappen Einführung in den TV-Journalismus, was alles zum Handwerk gehört. Das reicht vom Arbeiten mit Lichtquellen über den Schnitt bis zur Moderation. Ein zentraler Aspekt des Fernsehens sei die Unterhaltung, lesen wir. Also: Keine „zu tiefgründigen“ Beiträge. Sonst landen Sie noch bei arte.

Geißel Geiselnahme

Christian F. Buck, Medien und Geiselnahme. Fallstudien zum inszenierten Terror, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, 321 S., 39,90 Euro

Welche Rolle spielen die Medien bei einer Geiselnahme? Mit dieser Frage beschäftigt sich Christian F. Buck vor allem am Beispiel der Entführung der Familie Wallert auf die philippinische Insel Jolo im Jahr 2000. Der Autor hat als Pressesprecher im Krisenstab des Auswärtigen Amtes gearbeitet und ist heute als politischer Referent an der Ständigen Vertretung bei der EU in Brüssel tätig. Christian F. Buck vergleicht in seiner Studie, mit der er an der Berliner Humboldt-Universität promovierte, die Wallert-Geiselnahme mit anderen Fällen „inszenierten Terrors“, wie der Entführung von Su-sanne Osthoff im Irak 2005. Bezüglich der wichtigen Interaktion von Regierungen und Medien kommt der Verfasser zu dem Schluss, dass die Medien „per se“ Teil des realen Geschehens seien, denn sie wirkten an der Erzeugung der Realität mit. Ihre Arbeit könne bei einer Geiselnahme das Regierungshandeln erheblich beeinflussen und mitunter sogar durchkreuzen. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die Medien näher am Geschehen sind als die Regierungsvertreter. Bedauerlicherweise handelt es sich um ein hochaktuelles Thema.

Erschienen in Ausgabe 10/2007 in der Rubrik „Tipps für Journalisten“ auf Seite 68 bis 91. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.