Doppeltes Spiel von ARD und ZDF

Die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland spielen ein doppeltes Spiel: Zum einen haben sie dem Druck der Verleger und Privatsender nachgegeben und führen nun freiwillig einen sogenannten Public-Value-Test ein, der lange gefordert wurde und in Großbritannien längst Realität ist.

Zum anderen haben ARD und ZDF aber auch massive Fakten geschaffen: Der Digitalkanal EinsExtra wird zum Jahresende zu einem täglich elfstündigen Nachrichtenprogramm ausgebaut, das ZDF hat seinen Digitalkanal ZDF.info umgerüstet und stündliche Nachrichten eingeführt und seit Kurzem ist auch noch bekannt, dass die gebührenfinanzierten Sender mehr als zehn Kanäle in den neue Internet-Fernseh-Dienst „Zattoo“ einspeisen wollen, während die gro-ßen Privaten – RTL und ProSiebenSat.1 das Modell ablehnen.

Und so reißen auch die Hilferufe der Verleger nicht ab. Auf der jüngsten Jahrestagung des Zeitungsverleger-Verbandes (BDZV) Mitte September kritisierte dessen Präsident Helmut Heinen: „Die Digitaloffensive der öffentlich-rechtlichen Anstalten steht im krassen Gegensatz zu den Vorgaben der EU-Kommission, nämlich mit transparenten Kontrollmechanismen sicherzustellen, dass private Anbieter im Internet und bei der Entwicklung neuer Dienste auf mobilen Endgeräten nicht benachteiligt werden.“ Der Gesetzgeber sei deshalb gefordert, „klare Grenzlinien zu ziehen“.

Immerhin: Der Public-Value-Test kommt. Vor der noch für dieses Jahr geplanten Einführung der mächtigen ARD-Mediathek, die Audio-wie Videoangebote aller ARD-Sender im Netz bündeln und auf Abruf verfügbar machen soll, wird erstmals ein dreistufiges Modell erprobt: Zunächst muss die ARD ihren Gremien das Modell vorführen und vor allem erklären, was die Gesellschaft davon hat. Dann sollen – und das ist der Knackpunkt – die privaten Wettbewerber gehört werden. In aller Sorgfalt können sie also den Entscheidungsträgern ihre möglichen Bedenken vortragen. Anschließend soll eine verbindliche Entscheidung der Rundfunkräte folgen. Bisher war es häufig so, dass ARD und ZDF bei neuen Online-Aktivitäten Gremien wie Wettbewerber in gleicher Weise vor vollendete Tatsachen gestellt haben.

Allerdings: Während der Public-Value-Test für Neuerungen der BBC bis zu einem Jahr dauern kann, will die ARD die Sache so komprimieren, dass das Prozedere nicht länger als vier Monate dauert. „Das Verfahren in Großbritannien dauert viel zu lange“, sagte etwa WDR-Intendantin Monika Piel Mitte September nach der letzten ARD-Intendanten-Runde in Köln.

Ob das die ob ihres Beistandes für die Öffentlich-Rechtlichen ebenfalls in die Kritik geratenden Medienpolitiker zufriedenstellt, wird sich zeigen. Jedenfalls will die ARD aus den Erfahrungen des anstehenden Präzedenzfalls „ARD-Mediathek“ einen Vorschlag formulieren, wie der entsprechende Passus in der für 2009 anstehenden Neuauflage des Rundfunkstaatsvertrags aussehen soll. Bleibt genug Zeit für die Verbände, neue Kritik zu äußern. Daniel Bouhs

Erschienen in Ausgabe 10/2007 in der Rubrik „Kurz & Bündig“ auf Seite 8 bis 8. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.