Kinder, Kirche & Kosmopoliten

So viel Familie war nie. Pädagogen streiten, Politiker fordern: Elterngeld, Kindergeld, Krippenplätze. Dazu Super-Nannys auf allen Kanälen. Bischöfe schwärmen von der guten „heiligen“ Familie und Eva Herman würde am liebsten wieder ein NS-Mutterkreuz verleihen. Da war es nur noch eine Frage der Zeit, bis das erste Lifestylemagazin – ohne Mutterkreuz, dafür aber „exklusiv“ mit einem Designer-Kleid-Schnittbogen für die kleine Prinzessin von „Roma e Toska“ – am Kiosk ist. „Luna“ heißt das Hochglanzprodukt und es kostet 3,50 Euro. Eine „neugierige, kosmopolitische, stil- und markenbewusste“ Zielgruppe haben die Macher im Visier und es ist zu befürchten, dass daran kein Mangel ist. Wer samstags durch die Stadt schlendert, trifft ständig auf diese coolen, unglaublich lässigen Label-Eltern samt herausgeputztem Nachwuchs.

In „Luna“ geht es um allerlei Modetrends für die Kleinen und ihre eitlen Eltern („tagtäglich ist die Moderedaktion für, Luna‘ in den Modemetropolen unterwegs“ …), um „Traumurlaub für die Familie in Florida“, Kinderbetreuung de luxe in Potsdam, leckeres Essen und andere elementare Themen der gehobenen Lebensart. Lassen wir uns davon nicht ablenken und schauen wir aufs Handwerk. Keine Frage: journalistisch ist das Blatt perfekt: lesbare Texte, originelle Formate, wie etwa die Film-Kritik „Was kuckst du“, in der Kinder aktuelle Kinofilme und neue DVDs rezensieren. Auch das Layout ist nicht sonderlich originell, aber gekonnt. Und die Heft-Dramaturgie stimmt: Typo-Mix und Fotostrecken ergänzen sich hervorragend, da macht das Schauen und Blättern Freude. AD Adeline Morlon ist dafür zu loben, auch wenn sich die redaktionellen Modestrecken mitunter von den Mode-Anzeigen nicht sonderlich unterscheiden.

www.luna-magazin.de

Kaum Anzeigen, dafür viel Lesestoff gibt’s in „theo“. Der katholischen City-Seelsorge in Düsseldorf, die als Herausgeber firmiert, ist ein schönes Heft (2 Euro) gelungen. Unter uns: Religion mag ich nicht besonders. Erstens, weil sie Sex nicht so gerne hat; Zweitens notorisch frauenfeindlich ist, und mir drittens die Hardcore-Frommen häufig auf die Nerven gehen in ihrer Homophobie und Papstverehrung. „theo“ nennt sich im Untertitel „Das katholische Magazin“, was Atheisten nicht gleich abschrecken sollte. Ich empfehle skeptische Gelassenheit und tolerante Großzügigkeit bei der 64-seitigen Lektüre. Schon das Cover sorgt für eine positive Irritation: es zeigt das Selbstporträt des Fotografen Frank von Groen. Auf den Innenseiten finden sich unaufgeregte, lesenswerte Reportagen und Reflexionen über Pilgern und Hochzeiten, Papstaudienz und Rummelplatz-Seelsorge – durchweg Lesespaß mit Erkenntniswert, wenn auch manchmal mit heftiger klerikaler Duftnote. Optisch ist das Heft keine Offenbarung, aber von schlichter Eleganz. Ausnahmslos in Antiqua-Schrift, viel Weißraum und gedeckte Farben – da nimmt man auch den unruhigen Flattersatz in Kauf. Leider flacht das Heft auf den letzten Seiten ab – optisch wie redaktionell. Hier darf gerne nachgebessert werden.

www.inhousemedien.de

„Morgenmacher“ ist das Magazin der Metro Group. Kostet sieben Euro und ist jeden Cent wert. Warum? Weil es in jeglicher Beziehung ein ganz und gar großartiges Magazin ist. Wo andere Blätter sich gerne „kosmopolitisch“ Anstrich andichten, hier ist es nicht zeitgeistige Attitüde, sondern redaktionelles Konzept. „Morgenmacher“ liebt es mono-thematisch. Diesmal geht es um Wachstum. In allen seinen Facetten: um die Folgen, die Chancen, die Verantwortung. Motto: Global denken, regional handeln. Berichte und Analysen, Reportagen und Interviews, Kommentare und Statements – informativ, spannend, kurzweilig. Die Typo ist klar, modern und kompakt, die Fotos lebensnah, verführend und großzügig. Außerdem erfreulich: Illustration wird häufig eingesetzt, aber nicht schmückendes Element, sondern als zusätzliche Informationsebene, was allein schon Lob verdient. Der Redaktion um Sepideh Honarbracht von der Düsseldorfer Pleon-Agentur ein dickes Lob: besser kann man ein Magazin nicht machen.

www.morgenmacher.de

Erschienen in Ausgabe 10/2007 in der Rubrik „Ortners Blattkritik“ auf Seite 55 bis 55. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.