In seiner Vielfalt an Angeboten für Kinder ist der französische Zeitungsmarkt einzigartig. Vorbildfunktion hat dabei vor allem die bereits 1984 gegründete wöchentliche Kinderzeitung „Le Journal des Enfants“ für acht-bis 14-jährige aus dem Verlagshaus L’Alsace im elsässischen Mulhouse. Chefredakteur Christophe Grundler erklärt das Konzept so: „Wir wollen, dass unsere jungen Leser vor allem das harte Brot der Nachrichten essen und weniger Konfitüre – also Nachrichten über Stars oder Tiergeschichten – naschen.“ Deshalb sind es bei „Le Journal des Enfants“ auch allein die Redakteure, die in dem 12-seitigen Broadsheet über die Themen entscheiden. Mit seinem Konzept hat „Le Journal des Enfants“ Erfolg: Jede Woche bekommen 50.000 Abonnenten die Zeitung nach Hause geliefert. Weil diese Kinderzeitung allerdings auch in Ländern wie Deutschland Abonnenten findet, schafft sie es wöchentlich auf eine Auflage von 100.000 Exemplaren.
Wachsender Markt. Seit dem Erscheinen von „Le Journal des Enfants“ hat sich der Markt für Kindermedien in Frankreich prächtig ausgedehnt. Insgesamt bieten heute 16 Verlage ein regelmäßiges Angebot für Kinder. Unterstützt werden sie dabei durch ein Privileg, das die französische Presse genießt: Printprodukte können beim Vertrieb auf die Unterstützung durch den Staat zählen. Unter anderem deshalb war in Frankreich möglich, was in Deutschland scheiterte: eine tägliche Kinderzeitung, die der Pariser Verlag Play Bac Presse mit „Mon Quotidien“ 2002 auf den französischen Markt brachte. Heute erklärt die achtseitige Zeitung jeden Tag rund 75.000 Lesern zwischen zehn und 14 Jahren das Weltgeschehen. Anders als bei „Le Journal des Enfants“ bestimmen hier aber nicht allein die Erwachsenen, was in der Zeitung stehen soll. In regelmäßigen Konferenzen diskutieren Kinder vielmehr selbst über Themen, die sie im Blatt lesen wollen. „Und das sind natürlich vor allem Geschichten über Tiere“, gibt Chefredakteur François Dufour zu. Aber auch für ihn gehört zu einer Tageszeitung mehr, als Kinder Honig schlecken zu lassen: „Wir wollen unseren Lesern die Politik erklären – schließlich sind wir nicht Walt Disney.“ Inzwischen hat „Play Bac Presse“ sein Angebot noch um drei weitere farbenfrohe Kindertageszeitungen erweitert: „Quoti“ für die Kleinsten ab fünf Jahren, „Le Petit Quotidien“, eine Zeitung für sieben-bis zehnjährige Leser und schließlich „L’Actu“ für Teenager ab 14 Jahren. Das Ziel, dass hinter dieser Altersstaffelung steckt, ist klar: Die Kinder sollen aus der einen Zeitung herauswachsen und in die nächste hinein. Die Verkaufszahlen geben Play Bac Presse recht: Mit seinen vier Kinderzeitungen schafft der Verlag, was heute viele Verlage in Frankreich nicht mehr schaffen: eine Auflage von 200.000 Zeitungen. kro
Erschienen in Ausgabe 10/2007 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 28 bis 29. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.