„Nirgendwo sonst darf ich so ungehemmt Fragen stellen“

Domenika Ahlrichs, 1973 in Gehrden bei Hannover geboren, studierte Amerikanistik und Germanistik (Abschluss M.A.) und ging 2000 zur Evangelischen Journalistenschule, im Frühjahr 2003 als freie Mitarbeiterin für die „netzeitung“, parallel dazu auch für RBB-Radio und verschiedene Zeitungen wie „FR“ und „taz“. 2005 wurde sie bei der „netzeitung“ als Chefin vom Dienst fest angestellt, kurz darauf zur stellvertretenden Chefredakteurin befördert. Seit 1. August 2007 ist sie nun Chefredakteurin der „Netzeitung“, die seit ihrer Gründung 2000 bereits mehrfache Besitzerwechsel erlebte und im Sommer 2007 von der BV Deutsche Zeitungsholding (u. a. „Berliner Zeitung“) übernommen wurde.

Warum sind Sie Journalistin geworden?

Nirgendwo sonst habe ich die Möglichkeit, mich einer solchen Fülle von Themen zu wid-men, Menschen zu treffen und so ungehemmt Fragen stellen zu dürfen.

Ihre Vorbilder im Journalismus?

Claus Kleber als Reisereporter in Indien und Interviewer im „heute-Journal“. Frank Plasberg mit „hart, aber fair“.

Wann ist ein Journalist ein guter Journalist?

Ein guter Journalist vergisst nie, dass seine Arbeit Folgen hat: Und er geht nicht auf O-Ton-Suche für eine bereits im Kopf vorhandene Geschichte.

Wie wird sich der Journalistenberuf verändern?

Wer nachrichtlich arbeitet, muss irre präzise unter hohem Zeitdruck arbeiten können, wer sich den Hintergründen widmet, muss sich innerlich vom Aktuellen abkoppeln, um nicht von der Flut der Informationen abgelenkt zu werden. Und Journalisten müssen künftig mehr als bisher mit besserwisserischen und gut informierten Lesern/Zuschauern/Zuhörern umgehen können und selbstbewusst sagen: „Aber ich bin immer noch einen Schritt weiter und viel professioneller“.

Stört Sie das schlechte Image von Journalisten?

Nein. In meinem Lebensumfeld haben Journalisten ein gutes Image. Und wo sie ein schlechtes haben, laufen auch wirklich zu viele schlechte Journalisten herum: im Boulevard.

Können Sie ein Buch oder einen Beitrag über „Ethik im Journalismus“ empfehlen?

Nein, aber dafür die Ausbildung an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin.

Wie wichtig ist Klatsch?

Klatsch macht Spaß, wenn er gut gemacht ist. Er unterhält und liefert Futter für Gespräche in der Mittagspause, auf Feten etc.

Wie und wo lernt man Journalismus am besten?

Die beste Kombination ist eine solide Ausbildung an einer Journalistenschule und das harte Brot der freien Mitarbeit in einer Lokalredaktion.

Haben es Frauen im Journalismus schwerer?

Nein.

Ihre persönlichen Stärken und Schwächen?

Meine Stärken u. a.: Sensibler und bewusster Umgang mit Sprache, genaues Hinsehen und Hinhören, Schnelligkeit und Präzision bei Nachrichten, Freude am Formulieren. Meine Schwächen: Bei Interviews bin ich nicht hart genug, bei der Themenentwicklung oft nicht so kreativ, wie ich es mir wünschen würde.

Ihre Lieblings-Internetadressen?

www.Nytimes.com, www.wetter.com, www.youtube.com.

Welches Buch lesen Sie gerade?

Harry Potter and the Deathly Hallows.

Ihr liebstes Hobby?

Lesen.

Welche Medienprojekte sind für Sie besonders zukunftsträchtig?

Grundsätzlich alle Medienprojekte im Online-Bereich, bei denen Interaktion mit dem Leser/User möglich sind. Das Zeitzeugen-Projekt bei Spiegel online zum Beispiel oder die Short List bei Stern.de gefallen mir.

Ihre Lieblingszeitung?

„Die Zeit“.

Ihre Lieblingssendung?

„Hart aber fair“, „Weltspiegel“.

Ohne was kommt ein Journalist nicht aus?

Ohren, Augen, Nase, Hände, Gehirn – und Abstand zum Thema, das er gerade behandelt.

Was sollte Ihnen später einmal nachgesagt werden?

Sie hat mit dafür gesorgt, dass Qualität, Ethik und Journalismus ein unzertrennliches Trio bilden.

Erschienen in Ausgabe 10/2007 in der Rubrik „Terminal“ auf Seite 74 bis 74. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.