Sprechernotizen

Gauls schwierige Mission

Das hatte er sich wahrscheinlich anders vorgestellt, als vor wenigen Monaten die Aufnahme seiner Beratungstätigkeit breit angekündigt wurde: Richard Gaul (61), der ehemalige und u. a. als „PR-Manager des Jahres“ dekorierte BMW-Kommunikationschef, wollte als erstes Mandat in neuer Berater-Funktion dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) aus der Imageklemme helfen und ließ das per Presseinfo selbstbewusst verlautbaren. Vielfacher Streit unter den Verbandsfürsten hatte das Ansehen der mächtigen Lobbyvereinigung ramponiert. Die Presse mäkelte lautstark am Präsidenten herum. Und täglich neue Querelen im Gestrüpp von Politik, Verbandsinteressen und Unternehmenszielen ließen die Beobachter den Kopf schütteln über derlei Auftreten. Gaul sollte es richten – und merkt nun, dass dies leichter gesagt als getan ist. Die internen Heckenschützen legen weiter fröhlich an, die externen auch. Schon jetzt, lange bevor der derzeitige Präsident Jürgen R. Thuman, sein Amt abgibt, hat die Rangelei um die Nachfolge eingesetzt. Und die Lacher, die jetzt durch die Medien der Republik gingen, als Thuman nach langer Suche Werner Schnappauf, den bayerischen Umweltminister und Bärentöter (er war’s, der den finalen Rettungsschuss auf den Problembären Bruno befahl) als seinen neuen BDI-Hauptgeschäftsführer präsentierte, zeigten erneut, wie stark der Dachverband der deutschen Industrie im Feuer auch der eigenen Mitglieder steht. Gaul muss jetzt Stehvermögen zeigen. Zumal der neue Kommunikationschef des BDI, Jobst Hinrich Wiskow, Erfahrung an seiner Seite gut brauchen kann. Wiskow ist Quereinsteiger und war bislang „nur“ Journalist, zuletzt Redakteur beim kränkelnden Magazin „Capital“. Dort sind Kabalen und Intrigen zwar auch alles andere als unbekannt, aber was ihn beim BDI erwartet, ist noch einmal viele Klassen schärfer. Dr. Who wünscht Gaul eine gute Hand. Er wird es schon schaffen…

Wortmanns Schnellstart

Der übliche Urlaub zwischen zwei Jobs war ihm nicht vergönnt: Im nahtlosen Übergang ging Stefan Wortmann (41) an sein neues Werk. Gestern noch leitete er die Kommunikation der SGL Group in Wiesbaden, besser bekannt als SGL Carbon, und sorgte dort für das Image von Vorstandschef und Stark-Dynamiker Robert Köhler. Einen Tag später saß er an seinem neuen Schreibtisch als Kommunikationschef der Tognum AG in Friedrichshafen am Bodensee. Den See kennt er noch von einem kurzen Intermezzo vor vielen Jahren, als Wortmann in Konstanz als junger Hochschul-Absolvent eine dann doch nicht so ganz überzeugende Uni-Postille als Redakteur beglückte. Das Intermezzo fand ein schnelles Ende – und Wortmann auf den Pfad der Karriere in der PR. Bei SGL musste er vor allem Krisenkommunikation betreiben. Jahrelang war der Ableger der ehemaligen Hoechst AG mit Angriffen vor allem aus den USA konfrontiert. SGL-Chef Köhler gelang es am Ende, alles in den Griff zu bekommen – und Wortmann konnte in ruhigeres Fahrwasser einlaufen. Nun also Tognum. Die Aufgabe ist spannend. Tognum kennt niemand, allenfalls die Konzerngesellschaft MTU ist bekannt. Die Leute bauen große Dieselmotoren für Schiffe u.Ä. Damit erreichen Sie 2,5 Milliarden Euro Umsatz und können über 7.000 Mitarbeiter beschäftigen. Tognum ist frisch gebackener Börsenwert und im Index für Mid Caps M-Dax gelistet. Nun muss Wortmann zeigen, was er gelernt hat und Tognum bekannt machen – auf dass der Börsenkurs steige.

Dumm gelaufen

Rupert Scholz, Vielfach-Ex wie z. B. Ex-Verteidigungsminister, Ex-Justizsenator von Berlin und Ex-Professor für Recht an verschiedenen Universitäten, hat ein Problem mit einem Ex-Auftraggeber: Für einen bis dato eher unbekannten Investmentfonds hatte er seinen Namen zur Verfügung gestellt und ließ sich zitieren, er habe dies erst nach gründlicher Prüfung von Anlagemodell und Qualität des Fonds getan – sozusagen als Gütesiegel, „Rupert proven“ oder so ähnlich. Mit dem Fonds fielen viele Anleger auf die Nase und verloren reichlich Geld. Nun wurde der Jurist neben weiteren Beklagten vom Landgericht Mosbach dazu verurteilt, an Anleger, die auf seinen Namen vertraut und dann Geld verloren hatten, persönlich 35.000 Euro zu zahlen. Inzwischen ist allerdings Berufung beim OLG Karlsruhe eingelegt worden, sodass das Urteil bislang nicht rechtskräftig ist. Nicht nur Schauspieler Manfred Krug (Sündenfall Telekom-Aktie) und ZDF-Allzweckmorderator Johannes B. Kerner (Freund der Air Berlin-Aktie) werden das Verfahren wohl mit Spannung verfolgen.

Zittern für Private Equity

Man hätte es eigentlich ahnen können: Nach der nahezu orgiastischen Party, die die Private Equity Branche zuletzt weltweit gefeiert hatte, nach den Milliarden und Milliarden, mit denen KKR, Permira, Blackstone und die vielen anderen auf Jagd nach Unternehmen gingen-gerne und bevorzugt in Deutschland- und dabei vor allem ihre Gründer superreich wurden, kam der Katzenjammer genauso schnell. Die US-Immobilienkrise schlug aber noch härter zu, als selbst viele Skeptiker befürchtet hatten. Nun wird das Geschäft für die Private Equity Branche schwierig. Die Zeit des schnellen billigen Geldes ist vorbei. Alle Geldgeber zurren die Taue fest und horten lieber ihr Geld als es z. B. an Private Equity Firmen zu verleihen. Das Ende der Party trifft nun auch wohl viele Agenturen. Vor allem Agenturen wie Brunswick, CNC oder auch Hering Schuppener hatten in den letzten Monaten besonders viele neue Leute angeheuert, um den großen Kommunikationshunger ihrer Vielzahl an Heuschrecken-Kunden zu stillen. Nun diskutiert man dort intern besorgt, ob die vielen Kunden aus der Private Equity Branche, die man so gern betreut hat, PR nun angesichts leerer Kassen erst einmal für nicht mehr wichtig erklären. In diesen Dingen sind Private Equity Unternehmen übrigens genauso schnell wie sprunghaft. Wie es aussieht, wird es nun leiser werden. Das muss aber nicht das Schlechteste sein – denn allzu oft forderten die Private Equity Geldgeber von Ihren Auftragnehmern gezielte Aktionen, um Deals durchzubringen, Wettbewerber aus dem Feld zu schlagen oder bockige Alt-Eigentümer zu bekehren. Das hatte oft nicht viel mit Wahrheit zu tun. Insofern könnte es besser werden.

Alles Müller oder was?

Die PR-Branche rätselt: Was um alles in der Welt hat eigentlich Ralph Driever (46) dazu gebracht, den Job als Kommunikationschef von Müller-Milch anzunehmen? Ausgerechnet Müller-Milch!! In Aretsried, wo auch immer das liegt. Genau, der Müller, bei dem Führungskräfte vielfach nur eine kurze Verweilzeit haben, der gegen alles und jeden poltert, der jahrelang im Verdacht stand, an seinem Produktionsstandort die Grundwasserressourcen abzugraben, der aus Protest gegen die Erbschaftssteuer mit viel Getöse ins Ausland ging und nach kurzer Zeit zurückkehrte, der Greenpeace mit fast schon heiliger Inbrunst nachstellte, der die Medien geißelte, der… Und da geht nun Ralph Driever hin. Das kam für alle überraschend. Der smarte Kommunikations-Mann, Profi mit Stationen bei Gruner & Jahr, Roland Berger und zuletzt Kommunikationschef beim Chemieunternehmen Degussa, sollte eigentlich wissen, was er tut. Driever, der wegen seiner wohlerzogenen Umgangsformen und immer perfekt sitzenden Krawatte mit tadellosem Oberhemd in der Branche auch mal als „Schwiegermutter-Traum“ tituliert wurde, wird es auch wohl wissen. In kleinem Kreis lässt er durchblicken, dass er sich vertraglich gut gegen die möglichen Folgen von Ein- und Ausfällen seines neuesten Dienstherrn abgesichert habe. Dr. Who wünscht ihm viel Erfolg und eine besonders glückliche Hand im harten Reich des „kleinen Hungers“.

PR-Pechvogel des Monats

Das war nun wirklich Pech: Dr. Who war drauf und dran, den Ex-„Wirtschaftswoche“-Chefredakteur Stefan Baron, seit 1. Juni Kommunikationschef der Deutschen Bank, trotz seines Alters von 59 Jahren zum hoffnungsvollen PR-Newcomer des Monats zu küren. Seit seinem Antritt hat die gefühlte Menge der Kommunikationspannen der Deutschen Bank deutlich abgenommen. CEO Josef Ackermann wir
kte in der Öffentlichkeit zunehmend überzeugend. Und dann das: In der Talkshow bei Maybrit Illner verhaspelte sich Ackermann dermaßen, dass die Kapitalmärkte den Kurs der Deutsche Bank AG auf Talfahrt schickte und sogar Finanzminister Steinbrück öffentlich der Bank beispringen musste. Und das mitten in der Finanzkrise. Ackermann hat mit Baron sicher einen guten Griff getan. Aber das war nun doch wirklich Pech. Dr Who rät: TV ist nichts für Investmentbanker Ackermann; auf seinem gewohnten Terrain ist er viel besser. Aber das wird Baron nun auch wohl wissen- und wahrt damit die Chance, an dieser Stelle doch noch den PR Manager des Monats zu erhalten.

Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. eMail: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 10/2007 in der Rubrik „Unter „3““ auf Seite 58 bis 83. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.