Bewährungsprobe.

Wie bekommt man ein Praktikum beim „Spiegel“;?

Hartmut Palmer: Der „Spiegel“; rekrutiert viele seiner Leute bei der Henri-Nannen-Schule, aber bewerben kann sich als Praktikant jeder, der schon ein paar Erfahrungen im Journalismus hat. So kann das Praktikum für diejenigen, die nicht auf eine Journalistenschule gehen, ein Schlupfloch zum Erfolg werden: Es gibt Geschichten von ehemaligen Praktikanten, die heute Ressortleiter sind.

Was muss ein guter Praktikant mitbringen?

Ein paar gute Arbeitsproben. Außerdem sollte er gewandt im Auftreten sein, kommunikativ und bereit, sich voll einzubringen. Aber das sind eigentlich alle.

Und wenn er dann da ist?

Ich habe allen meinen Praktikanten geraten, in der ersten Woche in der Redaktion von Büro zu Büro zu gehen und sich überall vorzustellen. Von alleine merken die Redakteure nicht, dass ein Praktikant da ist. Und ich habe ihnen gesagt: Erzählt nicht nur von euch, sondern fragt die Kollegen aus. Woran arbeiten Sie gerade, kann ich dabei vielleicht mithelfen? So verschaffen sie sich einen Überblick und oft genug ergeben sich Arbeitsaufträge. Diese Vorstellungsrunde ist unerlässlich. Praktikanten sollten außerdem an jeder Konferenz teilnehmen.

Wie sollte sich ein Praktikant auf die Konferenz vorbereiten?

Das Mindeste ist, dass er oder sie morgens schon drei, vier Zeitungen gelesen hat. Ich hielte es sogar für sinnvoll, die Praktikanten damit zu beauftragen, jeden Morgen in der Konferenz eine kurze Presseschau zu präsentieren – immer weniger Redakteure lesen ja wirklich ausführlich Zeitung. So lernt die Redaktion den Praktikanten auch kennen und im besten Fall kommt eine Diskussion zustande.

Was sollte die Redaktion bereitstellen?

Einen festen Arbeitsplatz! Es ist eine Unsitte, dass Praktikanten dauernd von Schreibtisch zu Schreibtisch ziehen, je nachdem, wer gerade krank oder im Urlaub ist. Er muss natürlich auch Arbeitsmittel bekommen, einen Computer mit Netzzugang auf jeden Fall. Und er sollte jeden Morgen einen Satz Zeitungen vorfinden.

Wie bekommt ein Praktikant etwas ins Blatt?

Einen Königsweg gibt es nicht, allgemein gilt aber: Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Sinnvoll ist es, mit dem Praktikanten eine Themenvereinbarung zu treffen, also darüber zu sprechen, welche Ideen er hat, ihm aber auch gegebenenfalls zu sagen, welche davon überhaupt nicht in Frage kommen. Wer im Hauptstadtbüro eine Geschichte über Musikschulen auf dem Lande vorschlägt, der hat schlechte Karten.

Wer soll das mit dem Praktikanten besprechen?

Ein Praktikumsbeauftragter oder Anlaufredakteur. Der muss nicht zur Redaktionsleitung gehören, aber sein Wort sollte Gewicht haben und er sollte keine Angst vor Konflikten haben. Wenn ein Redakteur den Praktikanten schlecht behandelt oder mit unsinnigen Aufträgen eindeckt, bloß um ihn oder sie zu beschäftigen, sollte der Beauftragte das ansprechen.

Wie viel Arbeit hat so ein Beauftragter?

Das kommt auf den Praktikanten an. Manche sind nach einer Woche selbstständig, manche kommen wegen jeder Kleinigkeit angelaufen. Mit sechs bis sieben Stunden in der Woche sollte man rechnen, aber es macht sich für beide Seiten bezahlt.

Wieso lohnt sich das für die Redaktion?

Sie lernt ihre Praktikanten besser kennen. Und wenn sie es versteht, ihn sinnvoll einzusetzen, profitiert sie auch davon. Dafür muss sie die jungen Leute aber kennenlernen wollen und offen sein. Ein Praktikant ist in der Regel jemand, der vor Ort recherchieren kann; der Zeit hat, rauszugehen und Szenen einzufangen; der motiviert ist, an mühsamen Recherchen mitzuarbeiten und Puzzle-Arbeit leistet. Wer seine Praktikanten als Belästigung empfindet, der sollte es lassen und keine beschäftigen. (otr.)

Erschienen in Ausgabe 12/2007 in der Rubrik „Praktikum“ auf Seite 9 bis 9. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.