Die Chronik eines angekündigten Endes gibt es in diesem Fall nicht: Die vorzeitige Beendigung des Vertrags von Stefan Aust als „Spiegel“;-Chefredakteur kam zumindest von außen betrachtet überraschend. Sicher, der Abberufung zum 31. Dezember 2008 voraus ging Austs Entmachtung als Geschäftsführer von Spiegel-TV. Der Fernseh-Ableger des Spiegel-Verlags war Austs Werk, umso tiefer dürfte ihn getroffen haben, dass Mario Frank, der neue Geschäftsführer im „Spiegel“;-Reich, offen über die Defizite von Spiegel-TV sprach und nun eine Aufteilung der Produktionsfirma in drei Tochtergesellschaften vorantreibt.
Doch ansonsten gab es wenig Anzeichen dafür, dass die Gesellschafter Aust nicht bis Ende 2010 im Amt lassen würden. Dafür hätten sie keinen Finger rühren müssen, der Vertrag hätte sich dann automatisch über die gültige Vertragslaufzeit bis Ende 2008 hinaus um zwei Jahre verlängert. Wenn es nach den Mitgesellschaftern Gruner+Jahr und der Erbengemeinschaft Augstein gegangen wäre, hätte sich wahrscheinlich auch nichts getan. Doch die Mitarbeiter-KG, vertreten durch ihren Sprecher Armin Mahler und vier weitere Angestellte des Verlags, mochte nicht mehr mit Aust zusammenarbeiten. Schon Wochen vor dem 15. November, dem Tag, als Aust und die Branchen-Öffentlichkeit von der Vertragsbeendigung erfuhr, begann die Suche nach einem Nachfolger für Aust, der 13 Jahre im Amt ist, damals gegen alle Widerstände von Rudolf Augstein als Chefredakteur durchgeboxt wurde und dem nun in jedem Artikel das Adjektiv „erfolgreich“; angeheftet wird, manchmal versehen mit dem Zusatz „außerordentlich“;. Zu Recht, wie ein Blick auf die Heftauflage (Aktuell 1,078 Millionen verkaufte Auflage IVW III/2007, ein Plus von fast 2 Prozent zu III/1998) und den Umsatz (Spiegel-Gruppe ingesamt 322 Mio. Euro 2006, +1,9 % gegenüber Vorjahr) zeigt.
Dass Austs Demission – „Rauswurf“; sagen manche – unglücklicherweise in Austs Urlaub durchsickerte, ist je nach Darstellung das Ergebnis einer Verkettung von unglücklichen Umständen oder schlichte Unprofessionalität. Darüber kann man, muss man aber nicht reden. Auch nicht über Befindlichkeiten von Stefan Aust – er ist klug genug zu wissen, dass Dankbarkeit in der Medienbranche ein seltenes Gut ist. Möglicherweise hätte Aust bei einem geordneten Rückzug weniger Zuspruch und Anerkennung erfahren, als er jetzt bekommt. Die KG fordert von ihrem neuen (bei Drucklegung von mediummagazin noch namenlosen) Chef die Weiterentwicklung des Heftes. Abgesehen davon, dass es schwierig genug ist, die Auflage des „Spiegel“; über einer Million Exemplare zu halten, ist damit schon mal für ordentlich Druck unter dem Kessel gesorgt. Als Nachfolger genannt werden übliche Verdächtige und solche Kandidaten, die wie Kai aus der Kiste gepurzelt zu sein scheinen. (s. Kasten Seite 18) . „Der, Spiegel‘ braucht keinen Moderator, sondern einen Chef“;, sagte Jakob Augstein in einem Gespräch mit der „FAZ“;. Den Satz kann man so stehen lassen. Christian Meier
Erschienen in Ausgabe 12/2007 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 17 bis 17. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.