Sie kennen nicht die Tochter des Chefredakteurs und sind nicht verwandt mit dem Ressortleiter? Ihre Eltern gehen nicht regelmäßig mit dem Star-Reporter ins Theater? Kurz: Sie haben keine Chance, sich über Beziehungen einen Praktikumsplatz zu besorgen? Ihnen bleibt also nur die klassische Bewerbung. Auf die sollten Sie genauso viel Zeit und Mühe verwenden wie auf eine Bewerbung um eine feste Stelle. Wer sich denkt „Ist ja nur fürs Praktikum“; und eine zerknickte Mappe verschickt oder unleserliche Zeugniskopien und ein handschriftliches Anschreiben, der hat schon verloren.
Eine Praktikumsbewerbung ist eine ECHTE Bewerbung – lediglich die Ansprüche an Berufserfahrung und Ausbildung des Bewerbers sind geringer, die Ansprüche an die Form nicht. Allerdings landen Praktikumsbewerbungen häufig nicht auf dem Schreibtisch von professionellen Personalern, die im Schnitt nach 20 Sekunden entscheiden, ob der Bewerber in Frage kommt. Sondern sie landen bei Journalisten oder Sekretärinnen, die neben dem täglichen Job noch weniger Zeit haben, jemanden auszuwählen. Da die Zahl der Bewerber die Zahl der Plätze meist um ein Vielfaches übersteigt, sortiert der Redakteur nach Bedingungen wie äußerer Form, Foto und vor allem Rechtschreibung und Grammatik – schließlich ist Sprache der Rohstoff des Journalisten. Und für den Redakteur sind solche Kriterien der einfachste Weg, den Stapel auf seinem Schreibtisch schnell schrumpfen zu lassen. Häufig gibt es für Praktikanten auch kein Vorstellungsgespräch, die Bewerbung ist die einzige Chance, sich gut darzustellen. Was also tun?
Die Vorrecherche. Sie sollten wissen, bei wem Sie sich bewerben. Minimale Voraussetzung ist der Besuch der Internetseite des jeweiligen Mediums, auch die Lektüre der Medien-Seiten in Tagszeitungen und der Branchenpresse kann nicht schaden. Informieren Sie sich über die Rahmendaten: Auflage/Reichweite, Chefs, bekannte Autoren oder Moderatoren, Geschichte, politische Ausrichtung, journalistische Grundsätze, wichtigste Konkurrenten. Lesen Sie die jeweilige Zeitung oder Zeitschrift! Schauen Sie das Fernsehprogramm! Hören Sie die Radiosendung! Und am besten noch die direkte Konkurrenz. Suchen Sie sich den richtigen Ansprechpartner, an den Sie Ihre Bewerbung richten. Der einfachste Weg dafür ist ein Anruf – Eigeninitiative wird in diesem Beruf vorausgesetzt.
Das Anschreiben. Nicht länger als eine Seite sollte es sein, ideal sind eine Betreffzeile und drei kurze Absätze, die folgende Fragen beantworten: Warum bewerbe ich mich ausgerechnet in dieser Redaktion? Warum sollte die Redaktion sich für mich entscheiden? Was kann ich? Information geht vor Originalität – Witze und Wortspiele verbieten sich, verwenden Sie eine Standard-Schrift wie „Arial“; oder „Times“;. Vermeiden Sie Phrasen! Es interessiert niemanden, dass Sie „mit großem Interesse die Stellenanzeige“; gelesen haben und „gerne mit Menschen arbeiten“;. Verwenden Sie nicht das gleiche Anschreiben wie beim letzten Mal, jede Bewerbung sollte auf das Medium zugeschnitten sein, bei dem Sie sich bewerben. Loben Sie sich nicht selbst, wenn Sie es nicht belegen können. Sie würden ja auch nicht im normalen Leben herumlaufen und jedem erzählen: „Ich bin äußerst kreativ und talentiert.“; Jedenfalls sollten Sie es nicht. Schreiben Sie, was Sie können, ohne anzugeben. Das gelingt, wenn Sie von konkreten Leistungen berichten: Projekte an der Uni, längere Auslands-Aufenthalte, frühere Praktika.
Der Lebenslauf. Auch hier gilt: In der Regel nicht länger als eine Seite. Gestalten Sie ihn übersichtlich und nicht zu ausführlich. Jenseitige Hobbys lassen Sie eher weg – „Nächtliche Ritterspiele“; und „Betreuen eines Science-Fiction-Forums im Internet“; mögen Sie als Ausdruck Ihrer Individualität sehen, die meisten Redakteure nicht. Auf jeden Fall müssen folgende Informationen enthalten sein: vollständiger Name, Geburtstag und –ort, Anschrift, E-Mail-Adresse (und zwar eine seriöse! Kuschelmaus@mail.de oder partyzwerg@internet.de geht nicht!) und Telefonnummer, die derzeitige Tätigkeit (Studium/Schule), journalistische Erfahrungen, Ausbildungs-Stationen, Fremdsprachen und Computerkenntnisse. Unter den Lebenslauf und das Anschreiben gehört Ihre handschriftliche Unterschrift.
Zeugnisse und Arbeitsproben. Verboten sind normale Schulzeugnisse, es sei denn, Sie haben noch keinen Schulabschluss. Auf keinen Fall schicken Sie einzelne Leistungs-Scheine aus der Uni. Wichtig sind: Abschluss- zeugnisse, Diplom- oder Magisterurkunde, Arbeits- und Praktikumszeugnisse – selbstverständlich alles in Kopie. Wichtiger als Zeugnisse sind die Arbeitsproben. Hier gilt in der Regel: Schicken Sie nicht Ihr Gesamtwerk, sondern die drei besten Geschichten und nach Möglichkeit solche, bei denen Sie als alleiniger Autor aufgeführt sind. Wenn Sie noch nichts veröffentlicht haben, können es auch Manuskripte sein, die Ihr Talent zeigen. Unbedingt sollten es aber journalistische Texte sein und keine Aufsätze oder Seminararbeiten. Halten Sie sich an das DIN- A4-Format, auch wenn ein Text von Ihnen anders aufgemacht wurde: Kopieren Sie ihn auf die richtige Größe – niemand hat Lust, Ihre Bewerbung auseinanderzufalten. Lesbar sollte er natürlich bleiben.
Die Mappe. Alles zusammen kommt in einen ordentlichen Hefter oder in eine Mappe, Plastik oder Pappe, das ist Geschmackssache. Auf den Lebenslauf oder ein Deckblatt gehört ein ordentliches Foto – kein Schnappschuss aus dem Urlaub oder von der letzten Party. Versenden Sie die Mappe in einem verstärkten Briefumschlag, damit sie unterwegs nicht zerknickt wird, er muss ausreichend frankiert und ordentlich adressiert sein (Anschrift und Absender).
Die Absage. Nicht genommen? Da ist immer ein unangenehmes Gefühl. Die Kunst ist, nicht in Selbstzweifeln und Selbstmitleid zu zerfließen und sich gleichzeitig ehrlich selbstkritisch zu hinterfragen: Bin ich wirklich schon so weit, zu dem jeweiligen Medium zu gehen? Was hat gefehlt? Wenn Sie noch nie ein bundespolitisches Thema bearbeitet haben, aber unbedingt ins Hauptstadtbüro des „Spiegel“; wollen, sollten Sie vielleicht zuerst zu einem kleineren Medium in die Poli- tikredaktion gehen und sich dann erneut bewerben. Auch hier kann sich Hartnäckigkeit auszahlen. Zum Trost: Es gibt eigentlich überall mehr Bewerber als Plätze. Das gilt aber nicht als Ausrede: Wer immer nur Absagen bekommt, muss sich fragen lassen, ob er wirklich alles tut, um einen Platz zu bekommen.
Erschienen in Ausgabe 12/2007 in der Rubrik „Praktikum“ auf Seite 4 bis 4. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.