Sprechernotizen

Es ist wieder so weit: Das Jahr geht zu Ende, Weihnachten naht, die letzten Budget-Kämpfe werden mit Verve geführt, die Kollegen in den PR-Abteilungen von Staat und Behörden erreicht das Dezember-Fieber (nicht verbrauchte Mittel müssen raus, raus, raus …) – und „medium magazin“; blickt schon mal auf 2008. Da will auch Dr. Who nicht abseits stehen – obwohl es wohl kaum eine Branche gibt, die sich dem Blick in die Zukunft derart verschließt wie die PR-Branche. Aber wagen wir trotzdem mal einige Prognosen:

1. Die Umsätze und Budgets werden weiter steigen:

Man braucht kein Hellseher zu sein, um dies zu prognostizieren. Und dennoch sind steigende Budgets und Umsätze keine Selbstverständlichkeit. Schließlich gab es auch schon Jahre mit deutlichen Einbußen für Dienstleister in den Agenturen sowie für die PR-Chefs in den Unternehmen. Und auch 2008 wird ein großer Player zunächst rot schreiben: Die Finanzbranche wird massiv Budgets streichen, Subprime und der Finanzkrise sei es geschuldet. Vor allem die auf Private Equity und die Finanzbranche fokussierten Agenturen werden daher Einbußen erleiden. Das Geld sitzt nicht mehr so locker. Die Kommunikatoren in den Banken kämpfen schon jetzt mit ihren Vorständen um jeden Cent. Neueinstellungen? Wohl nur in Ausnahmefällen. In anderen Branchen geht es dagegen weiter aufwärts: Konsumgüter z. B. werden weiter zulegen, Pharma auch, fast alle Arten von Öko und Klima sowieso, Chemieindustrie, Autoindustrie, Maschinenbau, Agrar, Energie, Öl, Handel, Luxus, auch die Medienindustrie, das Internet – sie alle wollen ein größeres Stück vom Aufmerksamkeitskuchen abhaben, kämpfen um Reputation, wünschen sich mehr Akzeptanz, wollen vorne dabei sein, und werden sich das etwas kosten lassen. Sie werden die Branche zu neuen Höchstständen bei Investitionen in die Kommunikation treiben.

2. Der Wettbewerb wird noch härter:

Der Geld-Kuchen wird größer, aber die, die daran nagen wollen, vermehren sich ebenso schnell. Allerorts sind in den letzten Jahren universitäre Ausbildungsgänge, Weiterbildungsangebote, sogar Fern-Ausbildungen wie Pilze aus dem Boden geschossen. Wo sollen all die Leute denn hin, die nach bestandenem Examen oder mit irgendeiner Zertifizierung in der Tasche an der Bahnsteigkante der PR stehen und sehnsüchtig auf den nächsten Karriere-Zug warten (und es sollte möglichst kein Bummelzug sein)? Und die, die die Nase voll haben von Karrieren in den Unternehmen, die neidvoll auf frühere Kollegen schauen, und es dann auch auf eigene Faust mal versuchen wollen, werden auch immer mehr, und nerven dann die Kommunikationschefs – sind ja alles alte Freunde, gell? – mit ihren tollen Ideen. Der PR-Zug ist voll, doch an der Bahnsteigkante wird immer noch gedrängelt und geschoben. Der Kommunikationschef im Unternehmen kann ein Lied davon singen, wenn ihn Woche für Woche die Blind-Bewerbungen hoffnungsvoller Nachwuchsleute erreichen. Noch ist die Branche kreativ genug, Dinge zu erfinden, die zwar niemand braucht oder die es schon längst gibt, nur unter anderem Namen – wie z. B. das wundervolle „CSR“; (Corporate Social Responsibility) oder „Employer Branding“; oder ähnlicher Unsinn. Aber irgendwann wird es auch wieder rückwärts gehen. Deshalb der Appell von Dr. Who: Konzentriert euch auf Qualität und echten Nutzen, dann klappt´s auch mit der PR!

3. Das Jobkarussell dreht sich weiter:

Noch vor zwei Jahren herrschte nahezu Stillstand beim Bäumchen-wechsel-dich-Spiel in der PR-Branche. Jetzt aber hat sich der Wechsel-Stau aufgelöst, Veränderungen in Top-Jobs auf der ersten und zweiten Ebene der Kommunikation sind an der Tagesordnung und werden es auch 2008 weiter sein. Mit Veränderungen ist zu rechnen bei Unternehmen wie Bayer, RWE (siehe „medium magazin“; 11/07), EnBW, Deutsche Bahn, Telekom, Intel, Kabel Deutschland, Adidas, Microsoft, Metro, Deutsche Post, wahrscheinlich auch in der einen oder anderen Bank.

Zudem wird es auch wieder eine Vielzahl von Journalisten geben, die auf die andere Seite wechseln – obwohl es noch vor Kurzem einen Hautgout hatte, von der vermeintlich moralisch richtigen auf die moralisch falsche Seite („Sie wissen ja, nur Journalisten reden klar und wahr und schreiben immer für die Leser, nie für die Auflage …“;) zu wechseln. Doch das schön einfache Schwarz-Weiß-Schema funktoniert längst nicht mehr. Heute erkennen viele, dass das Geschäft öfter als gedacht andersherum funktioniert. Außerdem locken vermeintlich sicherere Ein- und Auskommen – angesichts weiter drohender Sparmaßnahmen besonders im Printbereich. Vor allem „Handelsblatt“; und „FTD“; gelten als anfällig für Einsparungen, aber auch „Capital“; und „Wirtschaftswoche“;, „Vanity Fair“; und „Park Avenue“;. Die „Reise nach Jerusalem“; geht also weiter …

4. Die Überschätzung der Blogosphäre nimmt ab:

2006 und 2007 waren die Jahre der massiven Überschätzung der Blogger und des Web 2.0. Es hat einige Zeit gedauert, bis sich die PR im Klaren darüber war, dass sie es zwar mit einem neuen, aber nicht Welt umstürzenden Phänomen zu tun hat. Die Blogger holten sich ein Stück der medialen Macht, die die Medien allzu leichtfertig hergegeben haben – aber nicht mehr. Außerdem funktioniert das Misstrauen gegenüber den oftmals dubiosen Einträgen in den verschiedenen Chat-Rooms, Blogs etc. zuverlässig. Trotzdem ist entspanntes Zurücklehnen der falsche Weg: Risiken für Marke und Reputation können im Web tagtäglich lauern – aber das ist bei den etablierten Medien auch nicht anders. Daher Dr. Who’s Tipp: Einfach keinen Unsinn bauen, nicht lügen (!), unbeirrt der gerne zitierten Unternehmensethik folgen und die Bilanzen korrekt schreiben. Das schützt zwar nicht vollständig vor unsinnigen Angriffen – aber es reduziert das Risiko. Einfach mal bei Siemens, EnBW und Konsorten nachfragen …!

5. Die Diskussion um Ethik wird anhalten:

Er ist gerade 20 Jahre alt geworden – der Deutsche Rat für Public Relations, Organ der Hygiene in der PR. Und wir brauchen ihn wohl auch weiterhin. Ethik in der PR wird ein heftiger Diskussionspunkt bleiben. Während die Sitten in den Medien zusehends verrohen (der Presserat weiß ein Lied davon zu singen), ist die Versuchung, es gleichzutun, auch in der PR groß. Also: Das Jahresende ist die Zeit der guten Vorsätze. Lassen Sie uns gute Vorsätze fassen und die Weihnachtszeit nutzen, noch einmal die guten alten Codizes der PR zu studieren. Was dort über Wahrheit und Anständigkeit gesagt wird ist so falsch nicht – auch in einer Welt, in der der Anständige oft der Dumme ist, wie Altmeister Ulrich Wickert so treffend festgestellt hat. ( www.drpr-online.de)

Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. eMail: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 12/2007 in der Rubrik „Unter „3“;“ auf Seite 82 bis 83. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.