Gesucht: Lese-Nachwuchs
Carmen Koch / Martina Trütsch / Maura Zerboni, Zeitungen und junge Leser, Academic Transfer, Hamburg 2007, 265 S., 39,90 Euro
Mit welchen Strategien versuchen Zeitungen, junge Leser zu gewinnen? Dieser Frage gehen drei Schweizer Studentinnen in ihrer Untersuchung nach, die als Abschlussarbeit an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich entstand. Die Autorinnen vergleichen die Praxis deutscher und schweizerischer Verlage, wobei sie auf der Grundlage einer Studie des BDZV aus dem Jahre 2004 schweizerische (auch französischsprachige) Chefredakteure befragt haben. Grundsätzlich sei in der Schweiz im Segment Kinder und Jugendliche ein geringeres Engagement festzustellen als bei deutschen Tageszeitungen. Weniger bei Supplements als bei Kinder- und Jugendseiten hätten die Verlagshäuser in Deutschland die Nase vor den Eidgenossen. Die Verfasserinnen rügen, dass in der Schweiz offenbar nicht erkannt werde, dass es die Lust aufs Zeitungslesen bereits im Kindesalter zu fördern gilt, nicht erst, wenn die Jugend anbricht. Sieht es im Internet besser aus? Nein: Erstaunlicherweise halten sich Schweizer Zeitungen auch hier mit Angeboten für den Nachwuchs vornehm zurück.
Die TV-Reportage
Thomas Morawski / Martin Weiss, Trainingsbuch Fernsehreportage. Reporterglück und wie man es macht – Regeln, Tipps und Tricks, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, 245 S., 19,90 Euro
Ein wenig Theorie und möglichst viel Praxis versprechen die Autoren des „Trainingsbuchs Fernsehreportage“ in ihrem Vorwort. Und das können sie auch, denn Thomas Morawski, Redakteur beim Bayerischen Rundfunk, berichtet als Sonderkorrespondent auch für die ARD. Martin Weiss arbeitet als Schlussredakteur und Reporter für das „heute journal“. Ihr Fazit: Die Fernsehreportage sei einerseits ein Handwerk mit erlernbaren Regeln, zum anderen sammele man vor laufender Kamera ständig neue Erfahrungen. Die Verfasser zeigen, worauf es journalistisch sowie organisatorisch und technisch ankommt. Ein kurzes Kapitel widmet sich den „Gefahren des Misslingens“. So sei der Anspruch auf Vollständigkeit – bei anderen Formaten zumindest theoretisch ein Muss – für die Fernsehreportage fatal. In einem Exkurs geht es um die hohe Kunst der Krisen- und Kriegsreportage, inklusive Checklisten (u. a. wie viel Schmiergeld, in welcher Währung und in welcher Stückelung). Ein Glossar und wichtige englische Fachausdrücke für Reporter runden das Buch ab.
Machtfaktor „Bild“
Vasco Boenisch, Strategie: Stimmungsmache. Wie man Kampagnenjournalismus definiert, analysiert – und wie ihn die „Bild“-Zeitung betreibt, Herbert von Halem Verlag, Köln 2007, 376 S., 29,50 Euro
Quasi um den Untertitel seines Buches abzusichern, zitiert Vasco Boe- nisch gleich zu Beginn „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann: „Niemals war die Kampagne wichtiger als heute.“ Der Autor, freier Journalist, arbeitete – im Unterschied zu Günter Wallraff seinerzeit – in den Jahren 2002 / 2003 selbst ganz offen für die Münchner Redaktion von „Bild“. Vasco Boenisch, dieser Hinweis darf nicht fehlen, ist nicht verwandt mit dem ehemaligen „Bild“-Chefredakteur Peter Boenisch. Während sich der Autor zu Beginn ausführlich theoretisch mit unterschiedlichen Spielarten des Journalismus beschäftigt (u. a. Enthüllungs-, Boulevard- und natürlich Kampagnenjournalismus), weist eine Fall- analyse zur „Bild“-Berichterstattung über Joschka Fischer und Jürgen Trittin nach, dass diese alle (insgesamt acht) Kriterien für Kampagnenjournalismus erfüllte. Boenisch differenziert jedoch, was den zeitlichen Verlauf und die Intensität betrifft.
Erschienen in Ausgabe 1/2008 in der Rubrik „Tipps für Journalisten“ auf Seite 68 bis 88. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.