„Liberátion“

Titelseite

1) + Zeitungskopf: Der Schriftzug mit der roten Raute im Hintergrund ist markant. Es gab sogar mal eine Kopie des Kop- fes in einem früheren Ostblock-Staat. Datum, Ausgabe und Homepage stehen über dem Kopf. Eine saubere Lösung.

2) – Anrisse über dem Zeitungskopf: Die drei Anrisse haben wenig Text und sind insgesamt sehr unauffällig. Ein Kauf-impuls wird davon nicht ausgehen.

3) + Aufmacher: „Libération“ war eine der ersten Zeitungen überhaupt, die eine plakative Titelseite mit einer Art Poster für den Aufmacher verwendet hat. Bei unserem Beispiel ist die Kombination von Foto und Headline „Stimme für einen Despoten“ eine gelungene Text-Bild-Kombination.

4) – Aufmacher-Überschrift: Kurz und knackig formuliert, aber schwarze Schrift auf blau und rot ist schlecht lesbar, wie dieses Beispiel glänzend belegt. Besser: Weiße Schrift komplett im Foto platzieren.

5) + Bildtext: Sehr sorgfältig sind die Kollegen, denn in dem kleinen Textblock wird beschrieben, dass die Aufnahme von Putin während einer Fernsehansprache vor wenigen Tagen gemacht wurde. Jedes Bild hat eben einen Bildtext.

6) + – Anriss am Fuss der Seite: Der rote Balken schließt die Seite ab, aber die Fläche ist zu klein, zu unauffällig, um beim Leser Aufmaerksamkeit zu erregen.

Innenseite

1) – Seitentitel: Die Seitentitel sind immer gleich hoch. Bei einem Ressort-Start ist die Schrift größer. Bei dieser normalen Innenseite wirkt der Kopf daher zu leer, die Ressortangabe „Économie“ zu klein.

2) + Börsenkasten: Die wesentlichen Angaben werden größer gesetzt und zusätzlich mit einem Pfeil nach oben oder unten versehen. Die Gestaltung ist vergleichsweise aufwendig und wirkt darum auch ansprechend.

3) – Zitat: Die Schrift ist in einem Grünton gehalten, der stark gerastert ist. Schlecht lesbar, Spaltenbreite zu groß. Man könnte außerdem ein Bild der Person zu dem Zitat stellen.

4) + Überschrift: Sie serifenbetonte Schrift gibt er Zeitung einen unverwechselbaren und modernen Charakter.

5) + – Schiebespalte + Linien: Die Schiebespalte bringt Weißraum auf die Seite, Kontrast von bedruckter und unbedruckter Fläche. Die Schiebespalte gliedert außerdem die Seite. Dazu dienen auch die senkrechten Linien. Insgesamt wirkt das Produkt aber eher wie eine Wirtschaftszeitung: sehr kühl, sachlich, nüchtern. Das wirkt alles nicht linksliberal.

6) – Grundschrift: Die Grundschrift Swift ist der schmalen Spaltenbreite angepasst. Die Wortzwischenräume reißen nicht auf. Das geht alles, weil die Schrift sehr klein ist. Zu klein.

Gesamteindruck:

Die überregioanale französische Tageszeitung „Libération“ wurde 1973 gegründet und gilt als linksliberal. Sie hat seit Jahren finanzielle Probleme. Die Zeitung erscheint im halben Nordischen Format. Es ist das gleiche Format wie z. B. das der „Welt Kompakt“. Vor kurzem wurde eine Neugestaltung durchgeführt, wodurch das Blatt optisch up-to-date ist. Der Umbruch ist recht anspruchsvoll, mit einer Schiebespalte, Zitaten und Textblöcken in größerer Schrift.

Sehr interessant: Man geht nur sehr selten mit einer Story über eine Doppelseite. Die Artikel haben also eine Längenbegrenzung: Sie sind nicht länger als eine Seite.

Erschienen in Ausgabe 1/2008 in der Rubrik „Tipps für Journalisten“ auf Seite 67 bis 67. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.