Bürokratie par excellence

Den ganzen Charme philippinischer Bürokratie bekam neulich ein Kollege zu spüren, der für eine Story aus Deutschland nach Manila gereist war. Vor Ort stellte sich heraus, dass der Asienerprobte Reporter eine Genehmigung braucht, um zum Schauplatz seiner Geschichte vorzudringen. Das Papier bekäme er beim Bürgermeister des Stadtteils, wurde ihm gesagt. Mir schwante nichts Gutes, denn das Sitzen auf deutschen Ämtern ist ein Kinderspiel gegen das, was einen auf hiesigen Behörden erwartet. Um wenigstens Sprachprobleme und unkontrollierte „Ausländerabzocke“ zu verhindern, begleitete unsere Haushilfe den Kollegen. Drei Stunden warteten sie zunächst im Vorzimmer eines Mannes, der sich dann für nicht zuständig erklärte. „Wir sind von Pontius zu Pilatus geschickt worden, alle waren sehr nett, aber voran ging es nicht so richtig“, erzählte mir der Kollege später. Erst kurz vor Toresschluss habe sich der Big Boss zu einer Unterschrift herabgelassen. Insgesamt acht Stunden dauerte es, die Genehmigung zu bekommen, ein ganzer Recherchetag war damit futsch. Ein zermürbender Auftakt für eine Story, die nicht etwa auf einem abgeschirmten Militärgelände oder im Präsidentenpalast spielt, sondern auf einem Friedhof, auf dem sich arme Filipinos angesiedelt haben.

Internet: www.manilacitygov.ph

Erschienen in Ausgabe 3/2008 in der Rubrik „Weltreport“ auf Seite 55 bis 55 Autor/en: Hilja Müller, Manila. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.