Seppelt macht weiter

Der ARD-Dopingexperte Hans-Joachim „Hajo“ Seppelt kann nicht ganz so, wie er will: Nachdem er Mitte Januar in der Sendergemeinschaft und vom Deutschen Skiverband (DSV) für pauschale Berichte über vermutetes Doping von Rad- und Wintersportlern unter Beschuss geraten war, recherchiert er zwar noch immer in dieser Sache, kann aber aus dem so- genannten Wiener Komplex kaum etwas veröffentlichen. Aus seinem Umfeld ist zu hören, er sei „wie gelähmt“.

Das Problem: Der DSV wollte Seppelt eine Unterlassungserklärung abverlangen.

Er sollte nicht mehr ohne konkrete Namen von Verdächtigen und ohne Beweise vorzulegen behaupten, Biathleten der Weltspitze stünden nach seinen Erkenntnissen unter Verdacht, in Wien Blutdoping betrieben zu haben. Der Journalist hält seine Quellen geheim, weil sie Angst vor der russischen, wohl aber auch vor einer anderen osteuropäischen Mafia hätten. Weil Seppelt indes seine Unterschrift verwehrte, erwirkte der DSV vor dem Hamburger Landgericht eine einstweilige Verfügung. Damit droht Seppelt bei Zuwiderhandlung eine Strafe.

Der freie Journalist Seppelt, der aktuell auf einem Ticket der beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) angesiedelten ARD-Dopingredaktion unterwegs ist, nimmt diese „EV“ aber nicht hin: Wie der WDR bestätigte, legte Seppelt fristgerecht Widerspruch ein. Eine schriftliche Begründung sollte bis Anfang März folgen. Danach dürfte es zu einer Verhandlung kommen – die einstweilige Verfügung wurde wie üblich nach Papier entschieden. Seppelt darf für die- se Auseinandersetzung auf das Justiziariat des WDR zurückgreifen.

Unterdessen geht seine Arbeit weiter: Neben seinen Wiener Recherchen soll er vor den Olympischen Spielen auch eine Dokumentation über das Sportgebaren in China abliefern, für die ein Sendeplatz im Ersten geplant ist. Außerdem ist er zusammen mit WDR-Redakteur Floian Bauer nach wie vor als Doping-Rechercheur für die Zeit in Peking eingeplant. Damit steht die ARD hinter Seppelt, obwohl sie ihn zuvor dafür kritisierte, seine Recherchen eigenmächtig verbreitet zu haben.

Seppelt hatte seine Erkenntnisse per privater E-Mail an die Deutsche Presse-Agentur (dpa) und den Sport Information Dienst (sid) geschickt, nachdem er vergeblich nach einer Stelle in der ARD suchte, die eine offizielle Pressemitteilung auf den Weg bringen wollte. Seitdem geht der DSV gegen ihn als Urheber der Nachricht vor. Die dpa hatte sie auch noch unzulässig verkürzt, sogar in einer Eilmeldung.

Der ARD und ihrer „Tagesschau“, die Seppelts Recherchen ebenfalls vermeldete, will der Verband aber zunächst nicht an den Kragen gehen.

Kein Wunder, entschuldigte sich SWR-Sportchef Michael Antwerpes sogar auf dem Sender für „diese journalistische Fehlleistung“. Zuletzt bestätigte er im NDR-Magazin „Zapp“ gar, dass die ARD-Sportchefs die Entschuldigung ohne Anhörung Seppelts beschlossen haben – man sei schließlich „Manns genug“. Alleingänge also auch hier. Daniel Bouhs

Erschienen in Ausgabe 3/2008 in der Rubrik „Spektrum“ auf Seite 12 bis 12. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.