Sprechernotizen

Wer wird neuer Bertelsmann- Sprecher?

Das Prinzip ist uns Kommunikationschefs mehr als bekannt: Geht der CEO, geht oft auch sein treuer Gefährte an der Spitze der Kommunikation. Gerade in einem wohl eher feudalistisch geführten Unternehmen wie der Bertelsmann AG im bisweilen gar nicht so beschaulichen Gütersloh wäre alles andere überraschend gewesen. Als etwa Ex-Chef Mark Wössner ging, konnte dessen Kommunikationschef Manfred Harnischfeger sein gutes Verhältnis zu Nachfolger Thomas Middelhoff noch nutzen, um zu überleben. Als aber Groß-Sprecher Middelhoff schon bald in allergrößte Ungnade fiel und Hals über Kopf gehen musste, war es damals auch um Harnischfeger geschehen und er wurde ebenfalls zum Ex (der danach als Kommunikationschef zur Post AG ging und gerade als PR-Troubleshooter die Zumwinkel-Wogen glätten muss).

Weitere Bertelsmann-Kabalen folgten. Ende Dezember letzten Jahres musste auch Jasmin Borhan nach „immerhin“ zwei Jahren als erste Frau an der Spitze der Kommunikation von Bertelsmann gehen – zeitgleich mit ihrem CEO, Gunter Thielen. Der allerdings ist im Gegensatz zu Borhan ein fast schon historisches Bertelsmann-Gewächs und zudem bei Bertelsmann-Königin Liz Mohn und ihrer Tochter Brigitte, einer promovierten Politikwissenschaftlerin, ob seiner vermittelnden Fähigkeiten unverändert sehr gelitten: Thielen wechselte an die Spitze des Aufsichtsrats.

Am 1. Januar kam dann Hartmut Ostrowski als neuer CEO. Ostrowski ist seit Beginn seiner Laufbahn 1982 bei Bertelsmann, unterbrochen nur durch ein kurzes externes Intermezzo. Zuletzt war er im Vorstand und zugleich verantwortlich für die mit fast 50.000 Mitarbeitern äußerst gewichtige Bertelsmann Einheit Arvato. Damit hat Ostrowski nun den für Normal-Sterbliche – also diejenigen, die nicht zum Clan von Reinhard und Liz Mohn gehören – erreichbaren Olymp der Branche erobert. Und sucht nun nach einem neuen Kommunikationschef.

Und da beginnt es heikel zu werden. Ostrowski, ein allseits auch ob seiner Persönlichkeit sehr geschätzter Manager, hatte bei Arvato auf den dortigen Kommunikationschef Thorsten Strauß gebaut, der ihn handwerklich solide verkauft hatte. Nun will Ostrowski ihm gegenüber nicht unfair erscheinen, ist er ihm doch zu Dank verpflichtet. Gleichwohl sucht Ostrowski per Headhunter auch nach Kandidaten außerhalb Bertelsmanns, wohl wissend, wie heikel es ist, jemanden zu präsentieren, der es allen recht macht, sogar der lieben Liz. Und hier betreten dann wieder einmal die Allzweck-Waffen des deutschen headhunting die Bühne: Dieter Rickert und sein jüngerer Partner Rick Fulghum. Rickert, Headhunting-Altmeister der verblichenen Deutschland AG und besonders eng mit Größen wie Gerhard Cromme, u. a. Aufsichtsrats-Chef bei Siemens, verbandelt, hat noch eine offene Baustelle. Partner Fulghum hatte dem seinerzeitigen hoffnungsvollen Siemens-CEO Klaus Kleinfeld einen gewissen Janos Gönczöl als Kommunikationschef vermittelt – wohl wissend, dass Gönczöl bis dato nur absoluten Insidern bekannt und völlig unbeleckt von Konzernen ebenso wie von Medien war. Und deshalb auch prompt völlig überfordert war in dem Strudel der dann folgenden Korruptionsaffäre bei Siemens. Schon achtzehn Monate später musste er gehen, im Mai 2007. Nun bemühen sich Rickert und Fulghum, Gönczöl bei Bertelsmann anzupreisen – wenn auch ohne Mandat, denn das hat ein anderer. Echte Familienbande eben: Gönczöl ist der Schwager von Fulghum.

Schwieriger Fall bei ProSiebenSat.1

Einen neuen Kopf sucht auch ProSiebenSat.1: Heidrick & Struggles hat den nicht einfachen Auftrag, für den spröden und umstrittenen ProSiebenSat.1-Chef Guillaume de Posch einen neuen Kommunikationschef an Bord zu holen. Die Suche läuft. Begehrt ist der Job nicht unbedingt – und so werden kaum Top-Leute zu begeistern sein. ProSiebenSat.1 gilt als schwieriger Fall, der nach einigen Jahren in der Hand des Medienunternehmens Haim Saban ziemlich „ausgecasht“ ist – sprich keine finanzielle Substanz mehr besitzt. Und zudem halten die Private Equity-Firmen KKR und Permira die Mehrheit an dem Unternehmen, die in der Branche als Fieslinge gelten. Denn wenn es unter den berühmten „Heuschrecken“ solche und solche gibt, so sind KKR und Permira eher für die rauere Gangart bekannt.

Kämpfer der Kleinaktionäre

Wir hatten ihn schon beinahe vermisst: Lothar Gries, ehemals Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“ in Frankfurt, ist wieder aufgetaucht. Seit Ende 2007 spricht er für die „Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger“, die früher als „Schutzgemeinschaft Kleinaktionäre“ firmierte – praktisch, so ein „K“. Lothar Gries‘ wenig rühmliche Karriere bei der „SZ“ ging seinerzeit Knall auf Fall zu Ende. Seither suchte er einen neuen Brötchengeber. Nun spricht er eben für die SdK, die vor allem auf Hauptversammlungen als Kämpfer für den Kleinaktionär auftritt. Und gibt den harten Lobbyisten für die Interessen der betrogenen Kleinanleger.

Pleon kämpft für Nokia

Den Tag, als in Bochum klar wurde, dass Nokia die Tore dichtmachen wird, wird Nokias Kommunikationschefin Arja Suominen im hübschen Espoo, Finnland, noch lange verfluchen. Wusste Suominen bis dato kaum, wo Bochum innerhalb des großen Nokia-Reiches überhaupt liegt, dürfte sich dies nachhaltig geändert haben. Es gibt kaum Vergleiche für das, was seither über Nokia hereinbrach: Deutschlandweite Proteste, Boykotte von Nokia-Telefonen, öffentliche Abgabe von Nokia-Handys durch Politiker und Medienleute etc. Nokia hat, wie oft in diesen Fällen, alles falsch gemacht, was PR-technisch falsch zu machen ist: Keinerlei Vorbereitung, Entscheidung am grünen Tisch weit weg in den finnischen Wäldern, Unterschätzung der Reaktionen, null Sensibilität für das Umfeld etc. etc. Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, bot Nokia Chef Olli-Pekka Kallasvuo in seiner Bedrängnis den deutschen Mitarbeitern an, nach Rumänien ihren Handys hinterherzuziehen.

Nun soll Pleon ran. Die Düsseldorfer Groß-Agentur hat von Nokia den Auftrag erhalten, sich um das ramponierte Image von Nokia zu kümmern. Pleon hat zwar gern den Auftrag genommen, will aber nicht so gern darüber reden. Sie wissen sehr genau, dass sie einen Himmelfahrts-Job übernommen haben. Wenn es ihnen gelingt, das völlig derangierte Image zu drehen, sind sie die Stars. Viel größer aber ist – zumindest derzeit – die Chance, gemeinsam mit ihrem Kunden in den Image-Orkus gerührt zu werden. Eine heikle Mission für die Düsseldorfer!

Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. eMail: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 3/2008 in der Rubrik „Unter „3““ auf Seite 66 bis 81. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.