Top und Flop des Monats

IN: Meinung machen

Leser lieben Meinungen. Weshalb Ihnen nichts über Leitartikel geht, nicht wahr, werte Chefredakteure? Fast: Denn die gute alte Straßenumfrage, oft stiefmütterlich zwischen Polizeibericht und Ölpreisgrafik verbannt, steckt Eure Lieblingsdisziplin nach wie vor spielend in die Tasche. Hier spricht das Volk, hier geht die Zeitung ran an den Leser – und das, werte Chefs, ist es doch, was Ihr mit Recht fortwährend fordert, stimmt’s? Nur: Wa- rum lasst Ihr besagten Leser oft allein bestätigen, dass Doping doof ist und Benzin zu teuer? Weil andere Fragen zu komplex sind für den Mann auf der Straße? Dann hilft nur eins: Schickt nicht den Volontär oder den Praktikanten raus. Geht selbst. Ran an den Leser. Fragt. Und hört zu. Ist ganz einfach, dauert nicht lange, man erfährt ’ne Menge, und die Leute beißen nicht – habt Ihr uns selbst gesagt, als wir zum ersten Mal losgingen. Aber klar: Wenn’s regnet, gehen wir natürlich selbst.

OUT: Jugend-Sünden

Die Jugend von heute hat schlechte Manieren, liebt den Luxus und verachtet die Autorität. Soll schon Sokrates gesagt haben. Was aber weder Agenturen noch Redaktion abhält, dies immer wieder aufzuwärmen. Mal ist’s grassierende Schulhof-Gewalt, mal ein neuer Tequila-Exzess, mal zu viel Taschengeld oder keine Ahnung von der DDR: Jugendliche, so der Tenor, kriegen nichts gebacken, bringen aber alles fertig. Außer dem Kunststück, ernst genommen zu werden. Schade eigentlich. Nein: eher tragisch. Denn Lesernachwuchs findet sich so nicht – egal, ob an anderer Stelle eine hausgemachte Jugendseite darum buhlt. In einem Meer aus Kopfschütteln ist Tokio Hotel nicht alles. Offenheit und Augenhöhe dagegen wäre schon mal was – mit Senioren funktioniert’s doch auch. Klar, könnte sein, dass Medienmacher altersmäßig eher in deren Richtung … aber das würden wir nicht mal zu denken wagen.

Text: Florian Zinnecker ist Mitglied im netzwerk jungejournalisten.de, die in „medium magazin“ ihre aktuellen persönlichen „in & out“-Favoriten vorstellen.

Erschienen in Ausgabe 3/2008 in der Rubrik „Spektrum“ auf Seite 10 bis 10. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.