Helft Milan!

Alles vorbei oder doch eher ein offenes Ende? Sind die gewalttätigen Auseinandersetzungen, die „ethnischen Kriege“ auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien eigentlich schon beendet? Sieht man von der extrem schwierig zu regulierenden Situation im Kosovo ab, könnte man beruhigt ein Ende der offenen Konflikte zur Kenntnis nehmen. Ein alter, zerbrechlicher Staat ist zerfallen. Neue, leider ebenso konfliktgeladene Staaten sind entstanden. Die Pressefreiheit ist überall – auf dem Papier zumindest – gewährleistet. Journalisten werden nicht verfolgt. Beklagt wird allerdings fast überall gleichmütig der rasante Qualitätsverfall der Medienberichterstattung. Die professionelle Ausbildung der Journalisten lasse zu wünschen übrig, war auf einem von verschiedenen Verlagen (u. a. von der deutschen WAZ-Gruppe) organisierten südosteuropäischen „Media Forum“ in Zagreb jüngst zu erfahren. Gleichzeitig wird eine zunehmende „Prekarisierung“ der journalistischen Arbeit registriert, unter der vor allem freie Journalisten zu leiden haben. Und so mehren sich die Anfragen bei JhJ nach Unterstützungsleistungen, um wenigstens ein existenzielles Minimum aufrechtzuerhalten. Dazu nur ein Fall, dessen Tragik die Mitglieder von JhJ jedoch ganz besonders berührt hat: Im März dieses Jahres verunglückte in Belgrad der freie Journalist und Schriftsteller Milan Djordjevi´c. Monatelang lag er mit schweren Kopf- und Beinverletzungen im Krankenhaus. Djordjevi´c. verlor die Stimme und kann bis heute nicht ohne fremde Hilfe gehen. Mehrere Operationen hat er bereits hinter sich und gefährliche Eingriffe am Kopf stehen noch aus. Das Fatale: Djordjevic‘ verunglückte nicht während seiner journalistischen Arbeit, und ihm wurden durch ein autoritäres Regime auch keine Strafen oder Verfolgungen angedroht. Milan Djordjevi´c. teilt vielmehr das Schicksal zahlreicher Journalisten in allen Ländern des ehemaligen Jugoslawien: Seit Jahren ist er arbeitslos. Wenn er vor seinem Unfall schrieb, waren es Gedichte. Aber alle seine Freunde, zu denen auch der in Deutschland bekannte Schriftsteller und gegenwärtige serbische Botschafter in Wien Dragan Veliki´c. gehört, bestätigen die mutige journalistische Arbeit Djordjevi´c. s gegen das nationalistische und aggressive Milosevi´c. -Regime in den achtziger, neunziger Jahren. Der kleine Kreis von Publizisten und Intellektuellen, zu denen Djordjevi´c. gehörte, hat auch in schlimmsten Zeiten serbischer Großmachtphantasien und Kriegspropaganda das Fenster zur demokratischen Kultur Europas offen gehalten. Die Journalisten arbeiteten beim damals oppositionellen Rundfunksender B92 mit oder versuchten in den offiziellen Rundfunk- und Fernsehanstalten, als „professionelle und nicht nationalistische Journalisten“ (Mladen Vuksanovi´c. ) zu wirken. Oder sie versuchten als Printjournalisten, in der Tradition eines anderen, zivilen, demokratischen und kosmopolitischen Serbien gegen die Expansionsideen des Milosevi´c. -Regimes zu schreiben. Milan Djordjevi´c. war stets einer von ihnen, und deshalb hat die Nachricht von seinem erlittenen Unfall mit so erheblichen körperlichen Dauerschäden den Verein JhJ auch so betroffen gemacht. Nach Auskunft der behandelnden Ärzte wird eine Heilung – wenn sie jemals gelingt – viele Jahre dauern. Im Rahmen der Möglichkeiten von JhJ wollen wir weiterhin dem Kollegen und seiner Familie beistehen. Die Hilfsmöglichkeiten vor Ort sind jedoch immer auch abhängig von der Spendenbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen bei uns. Mit jeder Spende wird aber auch ein Zeichen der Solidarität mit dem anti-nationalistischen, europäisch orientierten, demokratischen Serbien gegeben.

Kontakt

„Journalisten helfen Journalisten (JhJ) e.V.“

Lothringer Str. 11

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Tel. 089-44 70404

Fax 089-68 87 789

eMail: cwmacke@t-online.de

www.journalistenhelfen.org

Erschienen in Ausgabe 4/2008 in der Rubrik „Beruf“ auf Seite 48 bis 49 Autor/en: Carl Wilhelm Macke. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.