Offene Optionen

?WDR und WAZ, eigentlich doch Konkurrenten im Medienmarkt, ziehen jetzt an einem Strang in Sachen Internet-TV. Warum begrüßen Sie das als Vorsitzender der nordrhein-westfälischen Zeitungsverleger?

Clemens Bauer: In Zeiten der Konvergenz müssen sich die Zeitungsverleger mehrere Optionen offenhalten, wie und von wem sie Videomaterial für ihre Nachrichtensites beziehen. Die selektive Übernahme von WDR-Bildsequenzen ist eine davon. Das ändert jedoch nichts daran, dass Zeitungen und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten publizistische und im Werbemarkt wirtschaftliche Konkurrenten bleiben.

Bisher haben sich Verleger und öffentlich-rechtliche Sender nur bekämpft, wenn es um Fernsehen und Internet geht  woher der Stimmungswandel?

Jede Entwicklung erzeugt neue Herausforderungen, auf die neue Antworten gegeben werden müssen. Mit dem Aufkommen des Internets haben die Zeitungen mit eigenen Onlineausgaben ein zweites Standbein bekommen. Online bedeutet aber Multimedialität und Multimedialität heißt Text, Grafiken, Stehbilder und natürlich auch Bewegtbilder.

Welche Wertigkeit geben Sie Bewegtbildinhalten auf den Onlineportalen von Zeitungshäusern?

Bewegtbilder ergänzen lediglich das große redaktionelle Textangebot der Onlinepresse. Sie dominieren nicht, sind aber eine zwangsläufige Folge der Multimedialität. Ohne Bewegtbilder wäre das elektronische Informationsangebot einer Zeitung unvollständig. Es wäre fahrlässig, wenn Zeitungen diese erst durch das Internet mögliche Form der Berichterstattung nicht nutzen würden.

WDR-Inhalte auf dem Portal der WAZ-Gruppe und womöglich auch anderer Verlage. Wie sehen Sie das denn unter dem Aspekt der Markenbindung?

Die Online-Portale der Zeitungen sind in Art und Aufmachung visuell so prägend, dass die dahinter stehende Zeitungsmarke durch das WDR-Logo in der Ecke eines Videoberichts keinen Schaden nimmt.

Wenn es nach den Landesmedienanstalten geht, sind Bewegtbildinhalte von Verlagen lizenzierungspflichtig. Welche Alternativen bleiben Verlagen, die nicht wie die WAZ mit einem öffentlich-rechtlichen Sender kooperieren?

Man wird sich der Frage stellen müssen, ob es gerechtfertigt ist, dass die Videofenster in einer Online-Zeitung dem Rundfunkrecht unterfallen, nur weil die Bilder bewegt sind, das ganze große restliche Angebot als Presse aber unreguliert ist. Lizenzierungspflichtig sind nur Programme. Kennzeichen eines Programms ist die strukturierte und zeitlich geordnete Folge von Darbietungen. Die Videonachrichten fallen deswegen nicht darunter.

Wo sehen Sie denn, mal abgesehen von der Lizenzfrage, die größten Schwierigkeiten, wenn Verlage mit eigenen Bewegtbildangeboten im Web Fernsehsendern Konkurrenz machen?

Videonachrichten der Online-Presse kommen sich mit dem Angebot der Fernsehsender nicht ins Gehege. Die Rezeptionssituation ist bei Videonachrichten eine völlig andere in Art, Form und Dauer als bei der von Sendungen oder Programmen.

Was würden Sie als Vorsitzender des Verlegerverbandes kleinen Verlagen empfehlen, die sich solche Kooperationen wie die mit dem WDR zu „marktüblichen Preisen“ nicht leisten können?

Ob sich kleinere Häuser das WDR-Bildmaterial leisten können, ist derzeit nicht einzuschätzen, da die Bedingungen noch nicht feststehen. Sollten die Kosten tatsächlich die Leistungsfähigkeit übersteigen, könnten sich mehrere dieser Häuser zusammentun und so günstigere Einkaufsbedingungen erreichen“.

Mit „rp-online“ war Ihr Verlag ein Pionier in Sachen Internet. Kommt eine solche Kooperation wie sie jetzt die WAZ-Gruppe mit dem WDR vereinbart hat, auch für Ihr eigenes Internetportal infrage?

Wir haben eine Zusammenarbeit mit RTL, die gut funktioniert. Es besteht kein Anlass, daran etwas zu ändern.

Erschienen in Ausgabe 4/2008 in der Rubrik „Titel“ auf Seite 25 bis 25 Autor/en: Interview: Steffen Büffel. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.