Kritischer Journalist getötet

Eigentlich hätte es jeder der 270 irakischen Journalisten, die seit dem Einmarsch der Amerikaner und Briten am 20. März 2003 getötet wurden, verdient, an dieser Stelle erwähnt zu werden. Mit Abstand ist das Land zwischen Euphrat und Tigris derzeit die gefährlichste Arbeitsstätte für Medienvertreter. Hatten sie vor diesem Datum „nur“ einen Feind – Saddam Hussein –, sind es jetzt unzählige. Ob sunnitische Aufständische, Schiitenmilizen, religiöse Eiferer auf allen Seiten, US-Truppen oder irakische Sicherheitskräfte, die brutalen Rambos, die für eine der fast 100 Sicherheitsfirmen im Irak arbeiten: Sie alle üben Druck auf Journalisten aus, zensieren, versuchen Artikel zu verhindern, bedrohen Familienangehörige. Allzu oft endet Kritik auch tödlich. Wie machtlos die staatlichen Institutionen im Hinblick auf den Schutz von Journalisten sind, zeigt das jüngste Beispiel, die Ermordung des Vorsitzenden der Journalistengewerkschaft Shihab al-Temimi. Seine kritischen Artikel über die zunehmende religiöse Gewalt im Irak kosteten ihn das Leben. Als er an einem Abend Ende Februar das Büro der Gewerkschaft im Zentrum von Bagdad verließ, warteten seine Mörder auf ihn und feuerten Gewehrsalven ab. Drei Tage später erlag er seinen Verletzungen. Politiker und Regierungsmitglieder hatten ihm versprochen, Journalisten künftig besser vor Mordanschlägen zu schützen, nachdem Temimi im Jahre 2005 die ersten Morddrohungen bekam und sich vorübergehend von seinem Posten zurückgezogen hatte. Genützt haben ihm all die Zusagen nichts.

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Erschienen in Ausgabe 4/2008 in der Rubrik „Weltreport“ auf Seite 51 bis 51 Autor/en: Birgit Svensson, Bagdad. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.