Im Eiswasser

Anspruch und Wirklichkeit liegen in der Journalistenausbildung oft weit auseinander. Die Erkenntnis ist an sich nichts Neues. Das Redaktionsvolontariat gilt seit jeher als – durchaus bewährter – Einstieg in die Berufspraxis, aber auch als Sprung ins kalte Wasser – immer häufiger jedoch ins Eiswasser. Denn die Rahmenbedingungen der Ausbildung sind zu unterschiedlich, sind zudem meist abhängig von den wirtschaftlichen Präferenzen des jeweiligen Medienunternehmens und das Volontariat als Ausbildungsgang gesetzlich nicht genau geregelt.

Wer in der Regel nach einschlägigem Fachstudium noch mal zwei Jahre in die „Lehre“ geht, hat zumindest zwei berechtigte Ansprüche: Zum einen fest in Redaktionsabläufe integriert zu werden, zum anderen zumindest Miete und Mahlzeiten vom Einkommen zahlen zu können – wogegen ein nicht unüblicher Lohn von 800 Euro netto steht. Vor allem aber erwarten ambitionierte und akademisch geschulte Volontäre eine professionelle, strukturierte Vermittlung journalistischer Kompetenzen. Doch stattdessen häufen sich immer mehr Klagen über eine nur ungenügende Systematik der Ausbildung und ein allzu oft nur willkürliches Engagements einzelner Ausbildungsredakteure.

Tipp: Wer nach dem Sprung in das eiskalte Wasser des Volontariates möglichst schnell und ausdauernd schwimmen will, der sollte vor und während der Ausbildung folgende Fragen immer wieder kritisch prüfen:

1.Gibt es einen detaillierten Ausbildungsplan, der betriebsinterne und überbetriebliche Weiterbildungsangebote enthält?

2.Ist die Betreuung durch einen erfahrenen Redakteur genauso gesichert wie auch der Einblick in verschiedene Ressorts oder Redaktionen?

3.Enthält der Anstellungsvertrag alle Angaben, die von Journalistengewerkschaften und Berufsverbänden empfohlen werden und kann ein Mindest-Lebensstandard mit dem Nettogehalt bezahlt werden?

Und man sollte sich nicht scheuen, Missstände auch beim Namen zu nennen und das Ausbildungsversprechen auch einzufordern. Torben Brinkema

Erschienen in Ausgabe 6/2008 in der Rubrik „Special“ auf Seite 64 bis 64. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.