Only bad news are good news“ lautet eine alte Journalistenweisheit. Und wo gibt es mehr schlechte Nachrichten als im Bereich der Kriminalität? Diese Neuigkeiten gut und hintergründig aufzubereiten, ist eine anspruchsvolle Tätigkeit. Nicht jeder Redakteur eignet sich nun mal zum guten Polizeireporter. Steuerflucht, Brandstiftung, Schlägerei, Drogenhandel, Zuhälterei, Diebstahl und Vandalismus – wahrlich keine Kavaliersdelikte. Die Bandbreite ist groß und die Täter reichen von Nadelstreifenträgern über kriminelle Banden bis hin zu pubertierenden Jugendlichen. Nur die Polizeimeldung feiern, reicht für eine gute Geschichte nicht aus, Redakteure brauchen eine Nase für den richtigen Ansatz oder Informanten aus dem Milieu. Dass auch Lokaljournalisten mit Rechercheleistung und manchmal Glück fesselnde Geschichten schreiben, zeigen Beispiele aus den „Stuttgarter Nachrichten“, der „Neuen Westfälischen“ (Bielefeld), der „Märkischen Allgemeinen“ (Potsdam) und dem „Offenburger Tageblatt“.
Lokaltipp des Monats:
Illegale Glücksritter. Von manipulierten Glückspielautomaten in Stuttgart erfährt der freie Journalist Jürgen Lessat durch seinen routinemäßigen Kontakt zum Ordnungsamt. Für die „Stuttgarter Nachrichten“ recherchiert er in der Szene und bei Behörden: Vom Leiter der Gaststättenbehörde, dem Chef des Glücksspieldezernats der Kripo und einem Suchtberater erfährt er, dass insbesondere auf Grund des geringen Personals das illegale Glücksspiel kaum noch in den Griff zu bekommen ist. Neben den manipulierten Automaten bereiten auch illegale Pokerturniere sowie die Unterschlagung von Vergnügungssteuern durch die Automatenaufsteller Probleme. Bewirkt hat der ganzseitige Beitrag einiges: So führten Ordnungsamt und Polizei kurze Zeit später vermehrt Kontrollen der 3000 Automaten und Glücksspielrunden in den Hinterzimmern durch.
Kontakt: Jürgen Lessat, Tel. (0711) 9 52 79 71, eMail: juergen.lessat@djbnet.de, Internet: www.stuttgarter-nachrichten.de
Ideenbörse:
Mafia vor der Haustür: Nach dem Vergeltungsmord der kalabrischen Mafia in Duisburg im Sommer 2007 wollte Politikreporter Hubertus Gärtner von der „Neuen Westfälischen“ wissen, ob es auch in der beschaulichen Region Ostwestfalen-Lippe organisierte Kriminalität gibt. Nach kurzer Recherche stellt sich heraus, die Region ist auf Grund der Autobahn 2 eine Art Drehkreuz für Drogen, Menschenhandel, Rotlicht, Zigarettenschmuggel, Schutzgeld und Autoschieberei. Eine sechsteilige Serie entstand.
Kontakt: Hubertus Gärtner, Tel. (0521) 55 52 70, eMail: hubertus. gaertner@neue-westfaelische.de, Internet: www.nw-news.de
Hinter den Kulissen: Als der Steuerskandal um Ex-Postchef Zumwinkel Wellen schlug, porträtierte Volontärin Sarah Schaschek von der „Märkischen Allgemeinen“ einen Steuerfahnder aus der Region. Eine Herausforderung sei es gewesen, das Beamtendeutsch des Fahnders in eine verständliche Sprache zu übersetzen. Über das Landesfinanzamt bekam die Journalistin den Kontakt.
Kontakt: Sarah Schaschek, Tel. (0331) 2 84 03 43, eMail: polvolo@MAZonline.de, Internet: www.maerkische-allgemeine.de
Inkognito dabei: Dass bei Werbeverkaufsveranstaltungen gerne einmal Rentner abgezockt werden, ist allgemein bekannt. Ursula Groß vom „Offenburger Tageblatt“ setzte sich zwischen die alten Menschen, ohne sich als Journalistin zu erkennen zu geben. Schon die dubiose Ankündigung des Veranstalters hatte sie neugierig gemacht. Und ihre Spürnase hatte sie nicht getäuscht. Die Veranstaltung wurde von der Polizei „hochgenommen“ – und die Journalistin hatte ihre Reportage.
Kontakt: Ursula Groß, Tel. (0781) 5 57 45, eMail: ursula.groß@baden-online.de, Internet: www.baden-online.de
Tipp
Weitere interessante Beispiele aus der lokaljournalistischen Praxis finden Sie in der aktuellen „drehscheibe“.
Kontakt: Redaktion „drehscheibe“,
Raufeld-Medien, Mehringdamm 57, 10961 Berlin, Tel. 030 / 695 665 22, eMail: info@drehscheibe.org,
Homepage: www.drehscheibe.org
Erschienen in Ausgabe 6/2008 in der Rubrik „Tipps für Journalisten“ auf Seite 81 bis 81 Autor/en: Bernd-Volker Brahms. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.