Preis für mutigen Journalismus

Als Volkswagen Anfang Februar in seinem Werk in Puebla das siebenmillionste Auto aus Mexiko feierte, waren auch Präsident Felipe Calderón und VW-Chef Martin Winterkorn gekommen. Dieser drückte bei dem Festakt auch Mario Marín die Hand, dem Gouverneur des Bundesstaates Puebla. Vermutlich wusste Winterkorn nicht, dass der klein gewachsene Marín im Zentrum eines Skandals um die Entführung und Einschüchterung einer mutigen Journalistin steht. Der Fall Lydia Cacho zeigt erschreckend, wie eng und abhängig voneinander Politik und Justiz in Mexiko agieren. Cacho beschreibt in einem Ende 2005 erschienenen Buch, wie ein Unternehmer aus dem Badeort Cancún einen Kinderschänder-Ring mit Minderjährigen und Videos versorgte. Wenig später wurde sie von der Polizei festgenommen und aus nicht nachvollziehbaren Gründen in den Bundesstaat Puebla, unweit von Mexiko-Stadt, gebracht und dort auf Kaution freigelassen. Anschließend tauchte eine Tonbandaufnahme auf, in der ein Unternehmer aus Puebla, der auch in Cachos Buch auftaucht, sich bei Gouverneur Marín bedankt. Man habe es der „alten Drecksau“ mal so richtig gezeigt.

Cacho sagt, sie sei von den Polizisten nach Puebla verschleppt und dabei Opfer versuchter Vergewaltigungen geworden. Es bestehen wenig Zweifel, dass es sich im Fall Cacho um die Einschüchterung einer Journalistin handelt, bei der der Staat in Gestalt von Marín hilfreich zur Seite stand. Ende vergangenen Jahres wurde Cachos Klage gegen Gouverneur Marín aus Mangel an Beweisen abgewiesen. Für ihre Nachhaltigkeit hat die UN-Kulturorganisation UNESCO die Journalistin jetzt mit dem „Guillermo-Cano-Preis“ für mutigen Journalismus ausgezeichnet.

Internet: www.unesco.de/uho_4_2008_pressefreiheit

Erschienen in Ausgabe 6/2008 in der Rubrik „Weltreport“ auf Seite 76 bis 76 Autor/en: Klaus Ehringfeld, Mexiko Stadt. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.