Diagnose

Welcher Verlag erwirtschaftet eigentlich das meiste Geld pro Mitarbeiter?

Man ist ja große Worte gewohnt von den großen Vorstandsvorsitzenden der großen Verlage. Heute wollen wir einmal schauen, ob diesen Worten auch Taten folgen. Nehmen wir mal Dr. Mathias Döpfner, den CEO vom Springer-Verlag. Es ist ungefähr ein Jahr her, dass Döpfner bekannt gab, dass Springer nicht länger ein Verlag sein wolle, sondern ein „multimedial integrierter Print-, Online- und TV-Konzern“. Das klang nicht nur sehr gut, sondern vor allem auch verwunderlich, weil der Traum vom TV-Konzern ja schon einmal großartig gescheitert war, als bei ProSieben-Sat.1 statt Springer ein Mann namens Haim Saban zum Zuge kam. Aber manchmal erreicht man sein Ziel eben auf Umwegen, und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Döpfner den Verlag auf dem Weg zum Multimedia-Haus zwischenzeitlich zum vertikal integrierten Post-Konzern machen wollte, was ebenfalls misslang. Man muss da aber auch alles nicht so wörtlich nehmen, denn im Grunde genommen wollte Döpfner ja nur sagen, dass sein Haus mehr Synergien braucht und effizienter werden muss – darum geht es schließlich. Ob multimedial integriert oder nicht – die Rendite muss stimmen. Und die stimmt bei Springer. Im Jahr 2007 setzte der Konzern über zweieinhalb Milliarden Euro um – das sind pro Mitarbeiter 257.800 Euro – ein absoluter Spitzenwert, vor allem, wenn man bedenkt, dass schon das Erwirtschaften allein von Döpfners Gehalt einige Springer-Kräfte bindet.

Dennoch ist das nur Platz zwei. An der Spitze dieses inoffiziellen Leistung-Pro-Kopf-Rankings rangiert der Bauer-Verlag, der ja als Erfinder der journalistischen Effizienz gilt, nachdem man schon früh den sogenannten Multi-Chefredakteur eingeführt hat: Ein Mann leitet drei Blätter. Punkt. Nun sind die meisten Bauer-Blätter ja auch nicht unbedingt so, als könnte man als Chefredakteur nicht noch nebenbei einem richtigen Job nachgehen, dennoch ist das Ergebnis erstaunlich: 279.688 Euro setzte jeder Bauer-Mitarbeiter im Jahr 2006 um – was sich bei 6400 Kräften auf einen Gesamtumsatz von 1,79 Milliarden summiert. Bauer setzt dabei nach wie vor auf eine Art horizontale Multimedia-Strategie („schluck-alles.de“, „Praline“, „Coupé“). Es ist davon auszugehen, dass der öffentlichkeitsscheue Verlag auch in Zukunft Renditemeister bleibt. Die Einstellung des Traditionsblatts „Revue“ (vorher „Neue Revue“) spricht jedenfalls dafür.

Auch am unteren Ende der Rendite-Tabelle gibt es Überraschungen. Über 130.000 Euro weniger pro Mitarbeiter als Bauer setzt der Holtzbrinck-Verlag um, nämlich gerade mal 144.975 Euro. (Gesamtumsatz 2006: 2,24 Milliarden mit 15.473 Mitarbeitern), was das gängige Vorurteil, bei Schwaben handele es sich um besonders effiziente, ja fast schon sparsame Menschen, Lügen straft. In diesen Zahlen spiegelt sich nicht nur die Emanzipation vom Schaffe-schaffe-Geist wider, sondern die Bereitschaft zu Investitionen. Und die ist in Zeiten eines ewig erscheinenden Kreativstaus in deutschen Verlagen (siehe auch unter Gruner+Jahr) nicht zu überschätzen: Hier mal ein fast dreistelliger Millionenbetrag für eine Internetkontaktbörse, hier mal eine ordentliche Finanzspritze für ein neues Zeit-Magazin. Viel umtriebiger war in den vergangenen Jahren kein Verlag, daher wird Holtzbrinck aus der Wertung genommen.

Womit wir beim Schlusslicht sind: dem WAZ-Konzern, der seinen sozialdemokratischen Gestus auch in den Bilanzen auslebt und seinen Arbeitnehmern nicht mehr abverlangt als 125.000 Euro Umsatz pro Person. Da mag man sich gar nicht ausrechnen, wie viele WAZ-Genossen für das Gehalt von Geschäftsführer Bodo Hombach schuften. Insgesamt wirken die zwei Milliarden Umsatz mit 16.000 Mitarbeitern recht bescheiden, weil man doch immer dachte, in Osteuropa, wo der WAZ-Konzern umtriebig wie kein anderer ist, wäre noch leicht ein Euro zu machen, vor allem, wenn man es mit der politischen Unabhängigkeit nicht so genau nimmt. Aber irgendwie scheinen sich diese ganzen bulgarischen, mazedonischen und kroatischen Boulevardblätter gar nicht zu rechnen.

Bewegung im Mittelfeld. Weswegen sich Gruner+Jahr wohl auch komplett raushält aus dem Auslandszeitungsgeschäft (obwohl der sehr luftige Internetauftritt in dieser Sparte mögliche Akquisitionen erwarten lässt) – womit wir im trüben Mittelfeld sind, wo man sich anscheinend weder für ein altruistisches Geschäftsmodell noch für ein döpfnersches entscheiden kann. Jedenfalls erwirtschafteten die 14.127 G+J-Mitarbeiter 2006 2,86 Milliarden Euro Umsatz, was pro Kopf 202.520 Euro macht. Diese Mittelmäßigkeit entspricht dem journalistischen Portfolio, aus dem Gruner+Jahr Umsatzbringer zuletzt konsequent raushielt und stattdessen mit „Park Avenue“ und „Dogs“ eher renditeneutrale Produkte lancierte.

Ganz nah an Gruner+Jahr liegt der Burda-Verlag, der mit der Hälfte der G+J-Belegschaft (7900) immerhin einen Umsatz von 1,69 Milliarden Euro umsetzte, was 213 582 Euro, was wiederum ungefähr zwei Dienstwagen des „Bunte“-Chefreporters Paul Sahner (Porsche Carrera) entspricht. Der Burda-Verlag hat aber angekündigt, in Zukunft effizienter sein zu wollen. Dafür hat man Christiane zu Salm in den Vorstand berufen, die sich mit Kunst und Call-In-TV-Sendern auskennt, aber laut Burda-Pressestelle auch mit „verlagsnahen Digitalgeschäften und Crossmedia-Strategien“. Das klingt schon schwer nach Döpfner. Im nächsten Jahr wird es also wieder spannend.

Erschienen in Ausgabe 7/2008 in der Rubrik „Journaille“ auf Seite 30 bis 30. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.