Szene einer Hochzeit

Der Bräutigam wirkt wie ein alter Mann, ist aber erst 40 Jahre alt. Die Braut hingegen wirkt nicht nur wie ein Kind, sondern ist es tatsächlich: Die Afghanin Ghulam ist gerade mal elf Jahre alt. Die Aufnahme von Stephanie Sinclair ist Teil einer Fotoserie über Kinderheiraten, die die junge amerikanische Fotografin in Afghanistan, Nepal und Äthiopien in den vergangenen beiden Jahren dokumentiert hat und mit der sie einer im Westen weithin unbeachteten Tatsache internationale Aufmerksamkeit verschaffte: Weltweit leben nach Unicef-Angaben mehr als 50 Millionen Frauen, die als Kinder zwangsverheiratet wurden.

Für diese Aufnahme, die bereits zum Unicef-Foto 2007 ausgewählt worden war, erhielt sie Ende Juni in Hannover auch den mit 5.000 Euro dotierten, von der gleichnamigen Fotografenvereinigung erstmals vergebenen FREELENS- Award 2008 für jungen Fotojournalismus. „Die Hochzeiten haben für die Kinder oft katastrophale Folgen: keine Ausbildung, Ausbeutung, häusliche Gewalt und das Gesundheitsrisiko früher Schwangerschaften“, betonte die Jury in der Begründung für die Auswahl des Fotos. Die bereits international renommierte 34-jährige Stephanie Sinclair arbeitete nach ihrem Studium (Journalismus und Fotografie) an der Universität von Florida fünf Jahre für die „Chicago Tribune“. In dieser Zeit berichtete sie erstmals über den Irak – und beschloss anschliessend, sich als freie Fotografin ganz dieser Region und ihrer Kultur zu widmen. Sie zog deshalb in den Libanon und lebt heute in Beirut.

Zusätzlich sprach die Jury – bestehend aus „Geo“-Bildchefin Ruth Eichhorn, Magnum-Fotograf Thomas Hoepker, laif-Geschäftsführer Peter Bitzer, Freelens-Geschäftsführer Lutz Fischmann und dem Leiter der Danmark Journalisthøjskole, Søren Pagter – zwei lobende Erwähnungen für insgesamt 60 zu prämierende Reportagen aus. Die erste ging an Krisanne Johnson (USA) für ihren Fotoessay „Coming Of Age – Women In Swaziland“. Er zeigt die Auswirkungen von HIV/AIDS auf junge Frauen in Swasiland. Das kleine Königreich Swasiland hat den weltweit höchsten prozentualen Anteil an Menschen, die HIV-positiv sind. Die Mehrheit der Infizierten sind Frauen im Alter von 15 bis 24 Jahren.

Die zweite erhielt der deutsche, in New York lebende Fotograf Christoph Bangert für seine Fotoarbeit „IRAQ – The Space Between“, die, so Bangert, „die existierende Kluft zwischen verschiedenen Völkern und Kulturen im Irak, zwischen der amerikanischen Invasion und dem irakischen Bürgerkrieg sowie zwischen der Wahrnehmung der unmittelbar Betroffenen und der Außenstehenden veranschaulichen soll“. ami

Linktipp:

Die prämierten Arbeiten sind zu sehen unter: http://freelensgalerie.de/FREELENS-Award-2008/

Die Homepages der Fotografen:

http://www.christophbangert.com/

http://www.krisannejohnson.com/

http://www.stephaniesinclair.com/

Erschienen in Ausgabe 7/2008 in der Rubrik „Foto“ auf Seite 6 bis 7. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.