Emig-Prozess sorgt für Zündstoff

Der seit Anfang August andauernde Strafprozess um den ehemaligen Sportchef des Hessischen Rundfunks (HR), Jürgen Emig, wirft ein schlechtes Licht auf den Umgang mit journalistischen Standards in dem gebührenfinanzierten Sender. So sagte der ehemalige Emig-Mitarbeiter Werner Damm (57) Ende August vor dem Frankfurter Landgericht aus, er habe beim Radrennen, für die Emig die Sponsoren organisierte, Interviews an Plätzen von Werbepartnern wie einem Einkaufszentrum durchführen müssen – Schnittbilder inklusive.

Dieses Beispiel zeigt: Unter Emig (63) wurden Werbepartner gegen Geld in journalistischen Beiträgen in Szene gesetzt. Widerstand: laut Damm zwecklos. Er bezichtigte Emig eines herrischen Verhaltens (Damm vor Gericht dem Angeklagten: „Du hast die Leute ganz einfach benutzt!“). Diskussionen über den Sinn seiner Praktiken seien „meist von kurzer Dauer gewesen“. Damm ist heute stellvertretender Sportchef des HR.

Emig hatte zum Prozessauftakt bereits eingeräumt, über Jahre mit der Agentur SMP Unternehmen als Sponsoren und für Produktionsbeistellungen gewonnen zu haben. An der SMP war jedoch seine Frau beteiligt, die mehrmals Gewinnausschüttungen erhielt. Damit verdiente Emig indirekt an seinen HR-Geschäften. Die Staatsanwälte sprechen von einem mittleren sechsstelligen Betrag. Bei dem Prozess steht jedoch auch die Leitung des HR unter Beobachtung. Denn die besagten Praktiken erfolgten offensichtlich mit Einverständnis „von oben“. So sagte Emigs ehemaliger Geschäftspartner, der SMP-Geschäftsführer Harald Frahm (64), aus, er habe die Arbeit seiner Agentur dem damaligen Chef-Revisor des HR erklärt und sei nicht auf Ablehnung gestoßen. Außerdem zeichnet sich im Prozess ein Bild, nachdem der HR insgesamt die von Emig organisierten umfangreichen Zuschüsse goutierte, weil sie Sendungen ermöglichten, die sonst nur aus Gebührengeldern nicht hätten finanziert werden können.

Für den gesamten Oktober sind noch Verhandlungstage in der Causa angesetzt – möglicherweise darüber hinaus. Die Richter wollen genau prüfen, wer im HR wie viel von Emigs Geschäften wusste, ob der also von der Senderleitung gar gedeckt wurde. Das wiederum wäre ein neuer Skandal. Daniel Bouhs

Erschienen in Ausgabe 9/2008 in der Rubrik „Spektrum“ auf Seite 8 bis 8. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.