Alle Jahre wieder

Groß war die Aufregung, als bekannt wurde, dass einige Bundesländer im Bundesrat die Abschaffung der Künstlersozialkasse (KSK) beantragt hatten. „Zu bürokratisch für Unternehmen, vor allem für Mittelständler", so die Begründung der beantragenden Länder. Doch Kritik wurde schnell laut: Unverzichtbar für die Kultur in Deutschland sei die KSK, eine soziale Errungenschaft, auf die nicht verzichtet werden dürfe, geradezu „abwegig" sei der Antrag, so Arbeitsminister Olaf Scholz. Und so scheiterte er am 19. September im Bundesrat. Seitdem ist klar: Die KSK wird es auch weiterhin geben. Vorläufig jedenfalls. Denn die Kritiker stänkern weiter. Umso wichtiger, zu verstehen, worum es bei der KSK überhaupt geht:

Was ist die Künstlersozialkasse?

Die KSK ist eine deutsche Besonderheit – und ein großer Vorteil, den freie Journalisten, Grafiker, Schriftsteller, Schauspieler und alle anderen künstlerisch Tätigen gegenüber anderen Selbstständigen haben. Während diese für ihre Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung selbst aufkommen müssen, haben alle, die in der KSK versichert sind, eine Art virtuellen Angestellten-Status: Wie Angestellte zahlen sie für Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung lediglich den Arbeitnehmer-Anteil – also 50 Prozent. Die restlichen 50 Prozent tragen die Auftraggeber (zu 30 Prozent) und der Bund (zu 20 Prozent). Die KSK funktioniert dabei als eine Art großer Sammeltopf: Sie nimmt die Beiträge der Freien und der Auftraggeber ein, um sie an die eigentlichen Versicherungen – die verschiedenen Krankenkassen und die Rentenversicherung – weiterzuleiten. Versichert ist man also nicht in der KSK, sondern bei AOK, BKK oder einer anderen Krankenkasse. Die KSK wurde 1983 eingerichtet, nachdem der Bundestag künstlerische und publizistische Tätigkeiten als besonders „schützenswerte Berufe" identifiziert hatte, die eine bessere soziale Absicherung erhalten sollten. Initiativen, die KSK abzuschaffen, gab es immer wieder – einige Verlage gingen sogar bis zum Bundesverfassungsgericht, um zu verhindern, dass sie Sozialabgaben für Selbstständige zahlen müssen. Allerdings ohne Erfolg. Üblicherweise kommen die Debatten um die KSK im September auf, denn zu dieser Zeit wird über die Höhe der KSK-Abgaben für Auftraggeber von Künstlern und freien Journalisten entschieden.

Wer ist versichert?

Die KSK ist eine Pflichtversicherung: Alle, die mit einer künstlerischen oder publizistischen selbstständigen Tätigkeit mehr als 325 Euro monatlich verdienen, müssen sich über die KSK versichern, wenn sie nicht nur vorübergehend frei arbeiten. Berufsanfänger können sich drei Jahre lang von der Versicherungspflicht befreien lassen – oder auch schon mit weniger Einkommen Mitglied werden.

Nicht in der KSK versichern muss sich, wer zwar ab und zu frei arbeitet, aber eigentlich einen festen Job hat, bei dem er mehr als 31.800 Euro pro Jahr in den Alten bzw. 27.000 Euro in den Neuen Ländern verdient. Wer als Angestellter weniger verdient und gleichzeitig noch frei arbeitet, muss von der KSK prüfen lassen, ob er KSK-pflichtig ist. Doppelt zahlen muss man für Kranken- und Pflegeversicherung dann nicht – aber für die Rentenversicherung können sowohl im festen Job als auch über die KSK Beiträge fällig werden.

Wer neben der freien Arbeit als Journalist oder Schriftsteller einer weiteren selbstständigen Tätigkeit nachgeht, die nicht unter die KSK-Regelungen fällt (wer zum Beispiel eine Agentur führt), und damit mehr als 4800 Euro pro Jahr verdient, kann sich nicht über die KSK kranken- und pflegeversichern – muss aber für die publizistische Tätigkeit eventuell über die KSK Rentenversicherungsbeiträge zahlen. Auch wer mehr als einen Angestellten beschäftigt, kann sich nicht über die KSK versichern.

Wer über der Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Krankenversicherung (derzeit 3600 Euro brutto monatlich) liegt, kann sich auch in der privaten Krankenversicherung versichern, die KSK kann dafür einen Zuschuss gewähren. Eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht in der KSK gibt es für freie Journalisten auch bei hohem Einkommen oder privater Rentenvorsorge nicht.

Was kostet die Künstlersozialkasse?

KSK-Mitglieder zahlen für ihre Krankenversicherung 50 Prozent des jeweils gültigen Beitragssatzes ihrer Krankenkasse (tritt der Gesundheitsfonds 2009 in Kraft, ist dieser Satz für alle gleich), außerdem die Hälfte des gesetzlichen Beitragssatzes für die Rentenversicherung (derzeit beträgt der Arbeitnehmeranteil 9,95 Prozent des Einkommens) und für die Pflegeversicherung (Arbeitnehmeranteil derzeit 0,98 Prozent). Grundlage zur Berechnung ist die Höhe des voraussichtlichen Einkommens, die zum Ende jedes Jahres für das kommende Jahr angegeben werden muss. Die Auftraggeber („Verwerter") publizistischer oder künstlerischer Werke müssen für jedes Honorar an Künstler und Journalisten derzeit 4,9 Prozent, im kommenden Jahr 4,4 Prozent an die KSK abführen – und zwar auch für solche, die gar nicht in der KSK versichert sind. Das soll verhindern, dass KSK-Versicherte gegenüber Nicht-KSK-Versicherten benachteiligt werden; die Regelung wurde vom Europäischen Gerichtshof geprüft und nicht beanstandet. Verwerter, denen die Berechnung tatsächlich gezahlter Honorare zu kompliziert ist, können auch branchenspezifische Pauschalabgaben zahlen.

Gibt es Prüfungen?

Ja. Bei den Versicherten wird seit vergangenem Jahr verstärkt geprüft, ob die Angaben über ihr Einkommen richtig sind. Wer zu wenig verdient, also unter der Versicherungspflicht liegt (325 Euro im Monat), kann aus der KSK hinausgeworfen werden. Gibt jemand weniger Einkommen an, als er tatsächlich hatte (geprüft werden die jeweils vier vergangenen Jahre), legt die KSK für die Zukunft die Beiträge fest. Außerdem kann ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro verhängt werden, falls das bei der KSK angegebene Einkommen stark vom tatsächlichen Einkommen abweicht.

Auf Auftraggeberseite wird ebenfalls zunehmend geprüft, ob alle Abgaben ordnungsgemäß an die KSK gezahlt werden. Falls nicht, sind nämlich Nachzahlungen fällig, außerdem kann es Bußgelder bis zu 25.000 Euro geben.

Müssen Journalisten selbst auch KSK-Ver- werter-Abgaben zahlen?

Das kann durchaus vorkommen. Denn KSK-Verwertrer-Abgaben muss man für alle publizistischen und künstlerischen Tätigkeiten leisten, die man regelmäßig in Auftrag gibt – es sei denn, die Aufträge sind privat. Schon ein Mal pro Jahr kann dabei regelmäßig sein. Wer also jährlich von einem Fotografen neue Bilder für seine berufliche Website einkauft, muss für diesen Auftrag KSK-Abgaben zahlen, unabhängig davon, ob der Fotograf in der KSK versichert ist oder nicht. Übrigens: Es ist nicht erlaubt, die KSK-Verwerter-Abgaben vom Honorar abzuziehen.

Lesetipp: Joachim Wehnelt: „Gerechtere Beiträge", „medium magazin" 3/2007

Buchtipp: Andri Jürgensen: Ratgeber Künstlersozial- versicherung: Vorteile, Voraussetzungen, Verfahren, 2. Auflage 2008, dtv, Preis: 11,90 Euro

Erschienen in Ausgabe 10/2008 in der Rubrik „Beruf“ auf Seite 64 bis 65 Autor/en: Eva-Maria Schnurr. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.