Das Gesetz hat einen blumigen Namen: „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechtes und zur Bekämpfung von Missbräuchen. „Tritt es in Kraft – voraussichtlich noch in diesem Jahr – dann braucht man für die Gründung einer GmbH nicht mehr, wie bisher, mindestens 25.000 Euro Stammkapital, sondern nur einen einzigen. Die Reform soll Firmengründungen erleichtern – und so für mehr Arbeitsplätze sorgen. Für freie Journalisten allerdings könnte die Idee der „Bekämpfung von Missbräuchen" nach hinten losgehen. Denn mit der unkomplizierten GmbH-Gründung bietet sich Auftraggebern eine scheinbar unkomplizierte Möglichkeit, Abgaben für die Künstlersozialkasse zu sparen. Auf Kosten der Freien. Die nämlich zahlen drauf.
Was ist es? Statt wie bisher mit viel Geld, komplizierten Verträgen und hohen Notarkosten, soll eine GmbH-Gründung künftig auch ganz einfach sein: Mit einem Stammkapital von einem Euro, standardisiertem Gesellschafsvertrag und einem schnellen Gang zum Notar. Umgangssprachlich heißt die neue GmbH-Form Mini-GmbH oder 1-Euro-GmbH, offiziell muss sie den Zusatz tragen: „Unternehmensgesellschaft (haftungsbeschränkt)", abgekürzt „UG (haftungsbeschränkt)". Grundsätzlich ist die Mini-GmbH der großen Schwester gleichgestellt, das heißt, die Haftung der Gesellschafter bzw. des Geschäftsführers ist beschränkt – als Sicherheit dient das Stammkapital. Deshalb muss auch bei der 1-Euro-GmbH Kapital angespart werden: Ein Viertel der Gewinne der GmbH muss jedes Jahr zurückgelegt werden, so lang, bis ein Stammkapital von 25.000 erreicht ist. Ein freiberuflicher Journalist, der sich als GmbH gründet, ist danach sozusagen bei seiner eigenen GmbH angestellt: Aus dem Umsatz der GmbH zahlt er sich ein regelmäßiges Einkommen aus. Das hat durchaus Nachteile: Weil das Einkommen regelmäßig sein muss, kann es bei flauer Auftragslage schwierig werden – und bei guter Auftragslage kommt man an das Geld erst einmal nicht heran.
Was kostet es? Die Kosten für die Gründung selbst sind überschaubar: 1 Euro Gründungskapital, hinzu sollen voraussichtlich Kosten in Höhe von etwa 130 Euro kommen für die Unterschrift des Notars und den Handelsregister-Eintrag. Die tatsächlichen Kosten kommen erst später: Anders als freiberufliche Journalisten zahlen GmbHs Gewerbesteuer, hinzu kommt eine verpflichtende Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer, auch die kostet. Der größte Haken an der Sache für freie Journalisten ist allerdings, dass die GmbH auf alle gezahlten Honorare – also auch auf die, die man faktisch an sich selbst zahlt – Abgaben an die Künstlersozialkasse zahlen muss: Den Anteil, den bei freien Journalisten Verlage und sonstige Auftraggeber zahlen. Derzeit sind das 4,9 Prozent (2009:4,4). Ein letzter Kostenfaktor sind höhere Steuerberaterhonorare: Denn anders als Freiberufler, die eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung machen können, müssen GmbHs aufwendige Bilanzen erstellen. Unschön auch: Versteuert werden müssen Rechnungen dann, wenn sie gestellt sind – nicht, wenn das Geld auf dem Konto ist.
Was bringt es? GmbH klingt erst einmal seriös. Allerdings: Die Mini-GmbH hat den besagten Zusatz UG (haftungsbeschränkt), was einiges an Seriosität gleich wieder nimmt, weil ganz offensichtlich nicht genug Geld für eine richtige GmbH da war. Ohnehin hört sich die Sache mit der Haftungsbeschränkung besser an, als sie ist: Bei Krediten verlangen die meisten Banken trotz GmbH persönliche Bürgschaften, und auch die persönliche Haftung des Geschäftsführers kann bei Problemen mit dem Auftraggeber geltend gemacht werden. Und für Fahrlässigkeit oder mangelnde Sorgfalt haftet ohnehin nicht die GmbH. Findige Anwälte versuchen derzeit, Journalisten mit einem angeblichen „Wettbewerbsvorteil" in die GmbH-Gründung zu ködern – weil man damit den Auftraggeber aus der KSK-Pflicht befreie. Eine gefährliche Argumentation, denn sie unterläuft das KSK-Prinzip, das ja freien Journalisten eigentlich die Arbeit erleichtern soll. Nicht nur, dass der GmbH-Journalist seine Sozialbeiträge anders als als Freier dann alleine aufbringt, auch Scheinselbstsständigkeit ist dann kein Problem mehr – für die Verlage. Erste Auftraggeber drängten Freie bereits, eine GmbH zu gründen, heißt es auf der Internetseite der KSK. Egal, ob Mini- oder eine ordentliche GmbH: Für Freie – auch für Journalistenbüros – ist das ein schlechtes Geschäft.
Erschienen in Ausgabe 10/2008 in der Rubrik „Beruf“ auf Seite 66 bis 67 Autor/en: Eva-Maria Schnurr. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.