Frei sein in Indonesien

„Ich arbeite als freie Korrespondentin", stellte ich mich beim Besuch in einem Seminar für Kommunikationswissenschaften vor. „Für wen arbeiten Sie denn?", kam prompt die Rückfrage. „Ich bin freischaffend, ich arbeite für verschiedene Medien", erklärte ich. „Aber dann weiß man ja nie, wer einen bezahlt?", war die ungläubige Entgegnung. Das Prinzip des freien Journalisten ist in Indonesien noch nicht verbreitet, nur wenige Abenteurer wagen sich auf das bislang eher unbekannte Terrain. Ein Dozent der katholischen Atma-Jaya-Universität in Yogyakarta hatte mich daher gebeten, seinen Studenten als Gastsprecherin zu erläutern, wie man als Freie Themen findet, Aufträge akquiriert und bearbeitet. Vom Grundschulalter an werden Indonesier darauf getrimmt, Anordnungen von Lehrern und später Vorgesetzten entgegenzunehmen, Eigeninitiative ist selten gefragt. Eine drängende Frage war daher, wie man sich denn selbst disziplinieren und motivieren könne, wenn einem niemand sagt, was man zu tun hat. Ich erklärte, dass eine Deadline für mich genug Motivation sei, um mich rechtzeitig an den Schreibtisch zu setzen. Doch der Frager zweifelte weiterhin: „Und wer ermahnt Sie, wenn Sie zu spät zur Arbeit kommen?"

Internet: http://en.wikipedia.org/wiki/Atma_Jaya_University,_Yogyakarta

Erschienen in Ausgabe 10/2008 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 61 bis 61 Autor/en: Christina Schott, Jakarta. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.