Telekom-Affäre, und nun?
War da mal was? Die Aufregung im Frühjahr war riesig. Wir alle erinnern uns: Die Telekom-Affäre, das „Watergate" der deutschen Wirtschaft. Auf der Suche nach den undichten Stellen, die im eigenen Haus Interna an die Medien gaben, hatte die Telekom verdeckte Ermittler angeheuert, Daten kontrolliert und Telefonverbindungen in Zusammenhänge gebracht. Als das rauskam, wuchs es zu einem Skandal aus, von dem anzunehmen war, er bedrohe die Demokratie. Dabei waren doch eigentlich „nur" die üblichen Unappetitlichkeiten passiert, wenn Unternehmen Räuber und Gendarm spielen. Diesmal waren allerdings die Damen und Herren der vierten Gewalt im Visier – und die nutzten den zu Recht empörenden Sachverhalt hier und dort auch zur Imagebildung in eigener Sache. Denn die Guten, so viel machten sie schnell klar, das sind die Vertreter der Presse, die tagtäglich selbstlos, sauber und charakterlich integer für Demokratie und Menschenwürde ihr Handwerk versehen. Die Bösen, na klar, das sind die Unternehmen, gierige Manager und ihre willfährigen, überbezahlten Kommunikationsleute. Wirklich schlimm wurde es, wenn einer der selbst ernannten investigativen Journalisten feststellen musste, dass er selbst gar nicht zu den Bespitzelten gehörte. Was für ein Imageverlust, so was schmerzt.
Bei aller Aufregung vergaßen allerdings die Betroffenen, die echten wie die vermeintlichen, allzu gerne, dass etwa die Weitergabe vertraulicher Informationen aus Aufsichtsratssitzungen einen strafbewehrten Vorgang des Strafgesetzbuches darstellt. Gern vergessen – nur die „Financial Times Deutschland" und der „Spiegel" griffen es auf – wurde ebenfalls, dass auch Journalisten lange Jahre ein Zusatzhonorar damit verdienten, sich verdeckt für Detektiv-Unternehmen wie Control Risk einspannen zu lassen, die in der Telekom Affäre eine unangenehme Rolle spielte.
Und heute? Ab und an taucht der „Riesen-Skandal" wieder auf und gleichzeitig wird wieder fröhlich aus vertraulichen Sitzungen „durchgestochen". Jeder Kommunikationschef kann davon ein Lied singen.
Um erst keine Zweifel aufkommen zu lassen: Die Tatsache, dass mit der Telekom ein Konzern seine Datenmacht missbraucht hat, der noch dazu über erheblich mehr Zugang zu sensiblen Daten verfügt als die meisten anderen, ist nicht zu entschuldigen und gehört bestraft. Aber gerade als Kommunikationschefs wissen wir, wie viel Rechtsbruch auch auf der „anderen Seite" jeden Tag begangen wird, nur um einen Scoop zu landen oder um an vermeintlich exklusive Informationen zu gelangen, die vor allem der Auflage dienen und die das Schutzprädikat „im Interesse der Aufklärung und der Wahrheit" nicht verdienen. Mehr Anstand auf beiden Seiten wäre nicht schlecht. Die Aufarbeitung der Telekom-Affäre bietet jetzt Gelegenheit, dies zu diskutieren. Aber dies ist nur eine kleine, unmaßgebliche Anregung von Dr. Who
Schlauch macht Kommunikation
Kaum hatten die Berater der equinet communications AG ihr Geld zusammengelegt und sich aus der Investmentbank equinet AG, der sie seit ihrer Gründung 1999 angehörten, herausgekauft, da vermeldeten sie stolz, dass sie jetzt Rezzo Schlauch in ihren Aufsichtsrat berufen hätten. Na dann aber herzlichen Glückwunsch! Der barocke Schwabe hat seine besten politischen Jahre als Fraktionschef der Grünen im Bundestag hinter sich. Equinet communications heißt jetzt auch nicht mehr so, sondern nennt sich cortent Kommunikation AG und war als equinet in den Hochphasen des Börsenbooms rund um den Neuen Markt gegründet worden. Die Idee war bestechend: Eine Investmentbank bringt Unternehmen an die Börse, die hauseigene Agentur macht die lukrative Kommunikation gleich mit. Das ging einige Zeit gut, dann wurde es schwierig, der Markt für Börsengänge wurde dünn, die New Economy hauchte ihr kurzes, hysterisches Leben aus. Nun fängt man unter neuem Namen an, und Rezzo Schlauch, der Grüne, ist dabei. Dabei bleibt auch der illustre Vorsitzende des Aufsichtsrates, Porsche-Kommunikationschef Anton Hunger. Der Altmeister und große Strippenzieher wird jedoch zurzeit wenig Gelegenheit für sein Mandat bei cortent haben, verlangt ihm doch die Schlacht um VW alles ab – und wie gewohnt liefert Hunger beste Arbeit ab.
Falsches Dementi
Erst wenige Wochen ist es her, da ereilte Dr. Who eine umfangreiche Gegendarstellung aus dem bekannten Hause des Großwesirs aller Gegendarstellungen, der Kanzlei Prinz zu Hamburg. Anlass war ein Bericht über die Beziehungen zwischen dem Kommunikationschef der HSH Bank in Hamburg, Bernhard Blohm, und seinem früheren Arbeitgeber, der Dresdner Bank AG. Blohm widersprach dem umfänglich recherchierten Bericht ebenso umfänglich (s. Gegendarstellung in „medium magazin 7+8/2008"). Neulich hat er wieder einem Bericht widersprochen. Als die Zeitung „Schleswig-Holstein am Sonntag" meldete, die HSH baue 700 Arbeitsplätze ab, war das auch eine Nachricht für die überregionalen Medien. Die fragten da- raufhin bei Noch-Kommunikationschef Blohm nach, der das alles aber hart dementierte. Nur 20 Stunden später jedoch bestätigte Vorstandschef Hans Berger in einer Pressekonferenz den Arbeitsplatzabbau. Auf die Nachfrage, was er denn von der anders lautenden Darstellung seines Sprechers halte, sagte Berger, er sei selbst verärgert über das Dementi. Die „FTD" schrieb ebenso verärgert einen Kommentar mit der Überschrift „Schade um das Vertrauen", denn vertrauensbildende Kommunikation sähe anders aus. Touché, meint auch Dr. Who.
Kleine Schummelei
Stolz verkündete die Agentur von Ex-Daimler-Kommunikationschef Christoph Walther, CNC, man baue die internationale Präsenz in Europa und Asien aus. Jetzt, so verlautbarte CNC, habe man auch eine Vertretung in Paris, die am 1. September 2008 eröffnet worden sei. Seltsam! Sicher ist CNC eine echte Erfolgsgeschichte, ihr gelinde gesagt selbstbewusster Gründer Walther durchaus für seinen Erfolg anerkannt, wenn auch oft genug in seinen Methoden nicht zimperlich und umstritten. Aber hier wurde doch etwas sehr durchsichtig geschummelt: Denn Branchenkenner erinnern sich schnell, dass CNC schon einmal die Gründung einer Vertretung in Paris gefeiert hatte. Das war 2002, also noch gar nicht so lange her. Damals sollte Pierre Janin, Ex-Publicis, „CNC Paris" aufbauen. Ergo: Mehrfaches Feiern des gleichen Ereignisses funktioniert nur, wo das Gedächtnis kurz ist. Das sollte man als Kommunikationsmensch aber wissen. CNC hat seit einiger Zeit übrigens Thomas Gauly, Ex-Kommunikationschef von Altana, an Bord. Der referiert sehr gern über Wahrheit und Moral. Vielleicht sollte er auch im eigenen Haus ein wenig Nachhilfe geben.
PR-Manager des Monats
Schon einmal kürte Dr. Who ihn zum PR-Manager des Monats, damals angesichts der Kürze seines Daseins in der PR-Branche noch mit Vorbehalt. Letzteren streicht Dr. Who nun und kürt ihn ohne Einschränkung zum PR-Manager des Monats: Stefan Baron, dienstaltes Schlachtross der Magazin-Branche und Spätberufener der PR, hat bei seinem Brötchengeber Deutsche Bank gezeigt, was er kann. Allen Unkenrufen zum Trotz steuert er seinen nicht immer einfachen Chef Josef „Joe" Ackermann sicher durch die Image-Untiefen der Krise und lenkte zuletzt zielgerecht seinen Chef zum Medien-Helden, als der endlich zuschlug und die Postbank übernahm. Nicht schlecht gemacht! Respekt!
Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. eMail: autor@mediummagazin.de
Erschienen in Ausgabe 10/2008 in der Rubrik „PR“ auf Seite 68 bis 69. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.