Bücherkiste

Professionell schizophren

Bernhard Pörksen / Wiebke Loosen / Armin Scholl (Hrsg.), Paradoxien des Journalismus. Theorie – Empirie – Praxis,

VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008,

747 S., 79,90 Euro

Als Festschrift zum 60. Geburtstag von Siegfried Weischenberg setzt sich der voluminöse Band „Paradoxien des Journalismus“ mit den Konflikten und Widersprüchen einer Profession auseinander, die mitunter den klinischen Befund der Schizophrenie heraufbeschwört. So soll der Journalist einerseits „ganz nah dran“ sein, andererseits Distanz wahren – ein veritabler Drahtseilakt. Wie die drei Herausgeber zudem in ihrer Einführung schreiben, sollen Journalisten selbstverständlich verantwortlich handeln. Das Problem: Die Folgen lassen sich nicht in jedem Einzelfall abschätzen, bei aller Gewissenhaftigkeit. So befasst sich jeder Beitrag mit einem spezifischen Widerspruch. Dem umstrittenen „Bürgerjournalismus“ wird zum Beispiel attestiert, zugleich Ergänzung als auch Herausforderung für die traditionellen Medien zu sein. Er übe quasi einen sanften Druck auf Journalisten aus, entlegenere Themen aufzuspüren und besser zu recherchieren. Aus der Fülle von Beiträgen sticht jener ins Auge, der „Selbstverliebte Fremdbeobachter“ betitelt ist: Er behandelt das „Dilemma der journalistischen Selbstbezüglichkeit“, wie es exemplarisch vor der Bundestagswahl 2005 in Erscheinung trat. Das Buch endet mit einem langen Gespräch mit dem geehrten Siegfried Weischenberg.

Neue Heimat

Angela Dreßler, Nachrichtenwelten. Hinter den Kulissen der Auslandsberichterstattung, transcript Verlag, Bielefeld 2008, 266 S., 27,80 Euro

Einen Blick „hinter die Kulissen der Auslandsberichterstattung“ wirft Angela Dreßler in ihrem Buch, das sie bemerkenswerterweise als eine „Ethnografie“ bezeichnet. Die freie Autorin, die in Berlin und London lebt und arbeitet, beschreibt die Alltagspraxis von Auslandskorrespondenten in den USA, Südostasien und dem Nahen Osten, um sie anschließend kulturtheoretisch zu analysieren. Grundlage sind Interviews mit festen Korrespondenten und Pauschalisten aller wichtigen Medien von ARD bis „Spiegel“. Die Leitfrage der Verfasserin enthält sieben journalistische Ws: Wer hat was, wann, wo, aus welchen Gründen, womit und wie bewertet und erzählt? Ganz wesentlich ist hierbei die Frage, wie lange ein Korrespondent bereits vor Ort ist. So verwenden manche Journalisten, die schon jahrelang in dem Land oder der Region leben, über die sie berichten, den ethnologischen Ausdruck „going native“: Die fortgeschrittene Identifizierung mit der Gesellschaft trübt den unverbrauchten Blick des neugierigen Beobachters. Auf der anderen Seite diszipliniere der tägliche Kontakt mit der Heimat-Redaktion, der allerdings reichlich Konfliktpotenzial birgt – in Hamburg oder Mainz wird entschieden, was von wie viel Interesse ist.

Trainer-Entlastung

Hans Paukens / Kirsten Annette Vogel / Ursula Wienken, Trainerhandbuch Journalismus, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2008, 288 S., 34,90 Euro

Von Praktikern für Praktiker geschrieben, trägt das „Trainerhandbuch Journalismus“ den steigenden Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung von Journalisten Rechnung. Die Autoren haben das Buch so konzipiert, dass es sich auch als Nachschlagewerk oder einfach nur zum Stöbern, eignet. Neben der Entwicklung, Umsetzung und Auswertung von Seminaren, Kursen und Workshops geht es um die Identifizierung von Qualitätskriterien für den Journalismus. Ohne sie lässt sich schließlich nicht sinnvoll ausbilden. Auch wenn umstritten bleibt, wie journalistische Qualität zu bestimmen ist – Stefan Russ-Mohl hat in diesem Zusammenhang vom Versuch gesprochen, einen Pudding an die Wand zu nageln.

Erschienen in Ausgabe 11/2008 in der Rubrik „Service“ auf Seite 82 bis 82. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.