Wie ein Sechser im Lotto

Nach dem Fernsehpreis wurde plötzlich über Qualität im deutschen Fernsehen diskutiert. Was schalten Sie denn gerne ein?

Eva Müller: Ich sehe natürlich gerne Dokus und Reportagen – das ist eine Berufskrankheit. Aber da gucke ich auch längst nicht alles gern. Ich finde es am besten, wenn Filme mich in irgendeiner Weise betreffen, die Themen relevant sind oder ich mich gut in die Situation der Protagonisten hineinversetzen kann. Gleichzeitig habe ich oft ein Problem mit Reportagen, die unter dem Label „Reality-TV“ laufen. Wenn nur Zeit dafür da ist, kurz rauszufahren, zu drehen und das, was man gesehen hat, am Stück zu zeigen, ohne es einzuordnen, fällt mir das Zuschauen schwer.

Das finden wir aber doch längst auch bei den Öffentlich-Rechtlichen, oder?

Zum Teil. Wer tiefgründige Dokus in seinem Programm sehen will, der muss auch bereit sein, seinen Mitarbeitern Raum zu lassen, damit sie kreativ arbeiten, Energie und Zeit investieren können. Beim WDR habe ich das Glück, weil es dort noch Formate wie „die story“ oder „Monitor“ gibt. Dass ich dort gelandet bin, ist für mich wie ein Sechser im Lotto.

Sie sind also ein Glücksfall?

Ich habe beim WDR Förderer gehabt, die mich schon sehr früh während meines Volontariats haben machen lassen. Sonia Mikich von „Monitor“ zum Beispiel und die Redakteure Jo Angerer und Mathias Werth von der „story“. Die haben mir von Anfang an viel zugetraut.

Sie sind jetzt 29. Wo soll es denn überhaupt noch hingehen?

Ich bin sehr zufrieden, dass ich für „Monitor“ und die Dokumentations-Redaktionen arbeiten kann. Wenn ich mir einen Job hätte malen können, wäre es dieser gewesen. Man nimmt bei den Themen zwar auch viel von der Arbeit mit nach Hause, aber oft haben die Filme auch etwas bewirkt. Gerade bei der „Hartz-IV-Schule“ hat sich für die Mädchen viel geändert. Da hat sich etwa eine Protagonistin von Lehrern und Vater ständig anhören müssen, dass sie keine Chance hat, sie selbst hat aber immer gesagt, dass sie das packen wird. Nach dem Film hat der Direktor eines Fünf-Sterne-Hotels aus dem Schwarzwald bei ihr angerufen, sie zum Probearbeiten eingeladen und ihr anschließend einen Ausbildungsplatz angeboten! Interview: Daniel Bouhs

Erschienen in Ausgabe 11/2008 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 10 bis 11. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.