Sat.1 verliert seine Unabhängigkeit

Deutschlands Privatsender-Pionier, das am 1. Januar 1985 gestartete Sat.1, wird förmlich vom eigenen Konzern geschluckt: Um Geld zu sparen, müssen 350 Mitarbeiter vom Berliner Gendarmenmarkt auf das Konzerngelände von ProSiebenSat.1 in Unterföhring bei München ziehen. Gleichzeitig will die Gruppe die redaktionelle Trennung ihrer Sender abschaffen. Während Sat.1, ProSieben und Kabel Eins bisher selbst entscheiden durften, welches Programm sie bieten wollten, legt der Konzern Verwaltung und Programmmacher der Sender bis zum März 2009 zusammen. Angekündigtes Einsparungsziel: 255 Stellen. Produzenten werden ihre Ideen für Filme, Serien und Shows künftig also nicht mehr vor den Entscheidern einzelner Sender vortragen. Von März an sollen sich vielmehr senderübergreifende Redaktionen für Fiktionales, das Nachmittagsprogramm und Shows nur noch einmal die Konzepte anhören und entscheiden, welche Formate zu welchen Sendern passen.

Die journalistischen Angebote sollen von den Sparplänen aber nicht betroffen sein. Der Nachrichtensender N24 bleibt in der Hauptstadt. Und auch die erst in einer vorangegangenen Sparwelle vor gut einem Jahr gegründete Zentralredaktion von Sat.1 wird weiter in Berlin sein. Sie beliefert sowohl das „Frühstücksmagazin" als auch das „Sat.1-Magazin". Der Konzern will noch 450 Mitarbeiter in Berlin belassen – überwiegend Journalisten.

Die RTL-Gruppe, der größte Konkurrent von ProSiebenSat.1, hatte sein n-tv schon im Jahr 2004 von Berlin zur Zentrale nach Köln geholt, um die Zusammenarbeit mit den Schwestersendern RTL, RTL2 und VOX zu verbessern und am Ende natürlich Geld zu sparen. Ein Umzug von N24 nach gleichem Muster, in diesem Fall nach Unterföhring, ist jedoch in den nächsten Jahren höchst unwahrscheinlich: Der Nachrichtensender war erst im Oktober dieses Jahres innerhalb Berlins umgezogen und dabei mit neuer Technik im Wert von mehreren Millionen Euro ausgestattet worden. Seitdem produziert der Sender am Potsdamer Platz in von jedermann einsehbaren gläsernen Redaktionsräumen.

Viele Synergien kann die Gruppe hier aber auch gar nicht mehr rausholen: N24 fungiert ohnehin längst als zentrale Nachrichtenredaktion von ProSiebenSat.1. Sowohl die „Sat.1-Nachrichten" und die „Kabel-Eins-Nachrichten" als auch die „Newstime" von ProSieben werden dort quasi wie am Fließband produziert. Daniel Bouhs

Erschienen in Ausgabe 12/2008 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 8 bis 8. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.