In diesem Jahr wird viel gewählt. Bundestag, Europaparlament, fünf Landtage und in acht Bundesländern Kommunalparlamente. Den Redaktionen steht dabei aber nicht nur das Pflichtprogramm aus Prognosen, Programmen und Porträts bevor. Dass es in der Berichterstattung über Wahlen zugleich lebendig und unterhaltsam zugehen kann, zeigen die Beispiele aus der „Süddeutschen Zeitung" (München), der „Pforzheimer Zeitung", der „Saarbrücker Zeitung" und dem „Trierischen Volksfreund".
Lokaltipp des Monats:
Wahllokale: Wie stimmen die Leute in den Lokalen ab? Nicht in den Wahllokalen, sondern in Kneipen, Bars und Restaurants. Das wollte die Redaktion vom Magazin „München erleben" der „Süddeutschen Zeitung" zur bayerischen Landtagswahl he- rausfinden. Für die Aktion „Wahllokale" zogen zwei Mitarbeiter der Redaktion vier Abende lang durch zehn Münchner Gastwirtschaften und führten eine geheime Wahl unter den Gästen durch. Alle Anwesenden in den Lokalitäten erhielten einen Wahlzettel, den sie ausfüllen und in eine Urne werfen konnten. In der Redaktion wurden die Stimmen ausgezählt und mit Angaben zu Wahlbeteiligung, Wahlberechtigten, ungültigen Stimmen und einem Foto des Lokals veröffentlicht. Das Schwierigste an der Aktion war, das Einverständnis der Wirte einzuholen. Viele hatten Bedenken, dass ihr Lokal durch den Ausgang der nicht ganz ernst gemeinten Wahl in Verruf kommt. Nach etwas Überredungsarbeit erklärten sich die zehn Wirte aber doch bereit. Die Gäste machten bereitwillig mit.
Kontakt: Rudolf Neumaier,
Tel. 089 / 2 18 34 91,
eMail:
rudolf.neumaier@sueddeutsche.de
Ideenbörse:
Würfelspiele: Um herauszufinden, ob die Landtagskandidaten auch gute Verlierer sein können, besuchten Redakteure der „Pforzheimer Zeitung" die Politiker und spielten mit ihnen und ihren Familien „Mensch ärgere dich nicht". Dabei testeten die Journalisten nicht nur, wie die Kandidaten einen Rauswurf überstehen, sondern spielten zugleich mit der Analogie von den Farben der Spielsteine und den Parteien. Dass der CDU-Mann zum Beispiel mit den grünen Steinen spielte, wurde ihm sogleich als Nähe zu den Grünen ausgelegt. So verknüpften die Redakteure in ihren Texten auf unterhaltsame Weise die Ereignisse des Würfelspiels mit den politischen Ansichten der Kandidaten.
Kontakt: Holger Knöferl,
Tel. 07231 / 93 31 53,
eMail: holger.knoeferl@pz-news.de
Schnittstellen: Friseure kümmern sich nicht nur um die Haare, sie wissen in der Regel auch gut Bescheid, was die Volksseele bewegt. Daher nutzte die „Saarbrücker Zeitung" das Wissen der Coiffeure zur Wahlforschung. Sie befragte Friseure vor Ort – vom Edelsalon bis zu einfachen Geschäften –, was ihre Kundschaft über die bevorstehende Bundestagswahl erzählt. Unter der Überschrift „Eine haarige Sache, diese Wahl" erschienen die Ergebnisse der Umfrage im Blatt.
Kontakt: Martin Rolshausen,
Tel. 0681 / 5 02 22 79,
eMail: m.rolshausen@szsb.de
Expertenforen: Zur Oberbürgermeisterwahl lud der „Trierische Volksfreund" die Kandidaten zu Diskussionsrunden mit Experten ein. Das Besondere daran: Die Foren fanden an Orten statt, die mit dem Thema korrespondierten. Fragen zu „Verkehr und Stadtplanung" etwa wurden in einem Bus der Verkehrsbetriebe abgehandelt, über „Jugend und Soziales" auf der Skaterbahn debattiert. Durch die ungewöhnlichen Diskussionsorte erhielt die Zeitung gute Bildmotive für ihre Beiträge, die jeweils ganzseitig erschienen.
Kontakt: Dieter Lintz,
Tel. 0651 / 7 19 94 20,
eMail: d.lintz@volksfreund.de
Tipp
Weitere interessante Beispiele aus der lokaljournalistischen Praxis finden Sie in der aktuellen „drehscheibe".
Kontakt: Redaktion „drehscheibe",
Raufeld-Medien, Mehringdamm 57, 10961 Berlin, Tel. 030 / 695 665 22, eMail: info@drehscheibe.org,
Homepage: www.drehscheibe.org
Erschienen in Ausgabe 01+02/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 60 bis 60 Autor/en: Jan Steeger. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.