Man sollte nicht meinen, dass ein Radiosender, der zu 50 Prozent von der katholischen Bischofskonferenz und auch sonst zum überwiegenden Teil von kirchlichen Vereinigungen finanziert wird, eine hohe Einschaltquote erreichen kann. Doch „Radio Cope" gehört zu den Spitzenreitern im spanischen Wellen-Panorama. Betont religiös wird’s selten im Programm, polemisch dagegen mit unerbittlicher Regelmäßigkeit. Die bekannteste Figur des Senders ist Federico Jiménez Losantos (57), Moderator der mehrstündigen Morgensendung „La Mañana". In den vergangenen zwei Jahren wurde Losantos von verschiedenen Gerichten insgesamt fünf Mal wegen Beleidigung verurteilt, zuletzt im November; drei weitere Verfahren sind anhängig. Madrids Bürgermeister Alberto Ruiz-Gallardón hatte er vorgeworfen, ihm seien die 191 Terror-Opfer des 11. März 2004 „egal", er sei ein „gerissener Schwindler" und würde die Untersuchung der Anschläge aus Machtgier hintertreiben. Einen Richter hatte er „exquisite juristische Fäkalie" genannt, den Chefredakteur der bedeutenden Tageszeitung „ABC" als „Abschaum" und „Schmutzbürste" bezeichnet. Die Politiker der katalanistischen ERC, einer Partei mit Abgeordneten in Landes- und Staatsparlament, waren für ihn „Revolverhelden ohne Reue", deren Parteibüros er auf Waffenarsenale zu untersuchen empfahl, denn die Parteimitglieder seien „Lehrlinge von Mördern". Wer Losantos eine Weile im Radio zuhört, bei seinen „tertulias", Gesprächsrunden nach dem Prinzip Vier-Stühle-eine-Meinung, der glaubt es kaum: Einen so waschechten Demagogen, der skrupellos und bei Bedarf konsequent an der Wahrheit vorbei Stimmung macht, so viel negative Energie zudem – das hätte man in Spanien, mitten im Mainstream, im Grunde nicht mehr für möglich gehalten. Doch Losantos macht ungerührt weiter. Und die katholische Kirche, der reinen Lehre nach noch immer auf Nächstenliebe verpflichtet, verlängert ihm stillschweigend den Arbeitsvertrag. Das ist wohl, jenseits des Hetzers und seiner Hasskampagnen, der eigentliche Skandal.
Internet: www.cope.es/lamanana
Erschienen in Ausgabe 01+02/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 54 bis 54 Autor/en: Merten Worthmann, Barcelona. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.