Aus den Redaktionen

Bild.de – Zeit Online

In der zweiten Reihe bei Holtzbrinck wollte er nicht sitzen: Frank Syré, 41, wechselte zum 1. März vom einstigen Holtzbrinck-Vorzeige-Web-2.0-Internetauftritt zoomer.de als Stellvertreter des Chefredakteurs zu bild.de. Der Wechsel steht im Zeichen der Online-Umbaumaßnahmen bei Holtzbrinck: tagesspiegel.de, zoomer.de und zeit.de werden unter dem Dach von Zeit Digital zusammengefasst. Die Portale sollen zwar als eigenständige Marken erhalten bleiben, den Löwenanteil an Content aber wird eine neue Hauptstadtredaktion zuliefern. Syré wäre in dem neuen Konstrukt in der Hierarchie hinter Zeit-Online-Chef Wolfgang Blau in die zweite Reihe gerückt. „Ich will am Ruder sitzen", sagt Syré, „und ich bin kein, Zeit‘-Mensch." Zoomer, sein kriselndes Werk, sei „ein reines Opfer" der Wirtschaftskrise geworden: „Wir hätten noch zwei Jahre Geld verbrannt, das macht zur Zeit kein Controller mit", meint Syré, der vorher Managing Editor bei t-online.de war. „Inhaltlich haben uns alle auf die Schulter geklopft." Bei bild.de will Syré einen „kleinen Relaunch" durchsetzen, außerdem brauche das Content Management „dringend ein Upgrade". Die Klickzahlen von bild.de, von Onlinern so sehr geliebt und gehasst wie die Einschaltquote von Fernsehmachern, will Syré künftig live beobachten können. „Und in den Suchmaschinen muss bild.de bald ganz oben auftauchen."

Sat.1

25 Jahre lang kam Sat.1 ohne klar, jetzt macht Tanja Deuerling, 39, den Job: Seit Februar ist die ehemalige Kabel 1-Chefredakteurin in gleicher Position beim Noch-Berliner Privatsender. Warum braucht Sat1 gerade jetzt eine Nummer eins? „Die Chefredaktion wurde gegründet, um die Bereiche Information, Magazine, Reportage und Infotainment noch besser zu vernetzen und auszubauen", sagt Deuerling. „Wir wollen vor allem gesellschaftlich relevante Themen bringen, die die Zuschauer wirklich bewegen." Ob diese Strategie bedeutet, dass der zuletzt stiefmütterlich behandelte Nachrichtenblock Aufwind erfährt, lässt sie offen. Eine ihrer ersten Personalentscheidungen verhilft dem Sat.1-Urgestein des Betroffenheitsjournalismus Ulrich Meyer zu ungewohnter Präsenz: Zusätzlich zu seiner „Akte"-Sendung wird er künftig auch wöchentlich die „Akte Schicksal" aufschlagen. In der Sendung kommen Menschen zu Wort, deren Fall in den vergangenen Jahren bei „Akte" bereits Thema war. Ob das Aufkochen alter Akte-Fälle im Programmumfeld der Dokusoap „Toto & Harry" und des Reportagereißers „24 Stunden" diesen Anspruch bedient, bleibt abzuwarten. Zu konkreten Programm-Ankündigungen lässt sich Deuerling nicht überreden: „Wir haben aktuell viele neue Sendungen in Planung."

Berliner Zeitung

Bevor sie eine Plage werden konnten, sind die Heuschrecken weitergezogen. Aber wer wird als Chefredakteur Nachfolger von Josef Depenbrock bei der „Berliner Zeitung"? Sicher ist bislang nur, dass Brigitte Fehrle, die das Hauptstadt-Büro der „Zeit" leitet, in die Chefredaktion aufrücken wird. Wie es derzeit heißt, als Vize-Chefin. Aber: „Es ist keine Ausrede, wir wissen es wirklich nicht", sagt einer aus der Lokalredaktion der „Berliner Zeitung" und Fehrle schreibt „Ich kann nicht sprechen!" Denn noch ist der Wechsel von Mecom zu NevenDuMont formal nicht abgeschlossen: Nach mehrfacher Terminverschiebung soll nun am 27. März die mecom-Hauptversammlung den Verkaufsbeschluss endgültig besiegeln, eine reine Formalität, wie es heißt, aber börsenrechtlich unverzichtbar. Bis dahin dreht sich alles in Warteschleife. Wer auch immer es wird: Bei der „Berliner Zeitung" finden sich nach der Episode Montgomery in bemerkenswerter Personalstärke wieder Mitarbeiter ein, die das besonders im Osten verwurzelte Blatt vorher geprägt haben. Wie und ob der ehemalige Chef Uwe Vorkötter, jetzt im Dienst der „Frankfurter Rundschau", künftig in Berlin vertreten sein wird, ist ebenfalls noch unklar. Sicher ist aber, dass er in Frankfurt nicht von Bord gehen wird. Brigitte Fehrle war bereits stellvertretende Chefin und gilt als eine von Vorkötters engsten Vertrauten. Auf Depenbrock, der auch Geschäftsführer der „Berliner Zeitung" war, folgt mit Oliver Rohloff als neuem Geschäftsführer kein Unbekannter. Auch er ist als ehemaliger kaufmännischer Leiter ein Berliner Zeitungs-Veteran. Montgomery? Wer war das gleich noch mal?

Passauer Neue Presse

Die „Passauer Neue Presse" (PNP) hat Anfang Februar ihren Chefredakteur Hans Schregelmann, 50, gefeuert. Sein Nachfolger wird der langjährige Stellvertreter Ernst Fuchs. Schregelmann war erst Mitte 2006 als Studioleiter des TV-Senders N24 von Berlin auf den Chefposten nach Passau gewechselt, den er offenbar anders auszufüllen gedachte, als es Verlags-Geschäftsführerin Simone Tucci-Diekman zusagte. So wollte der gebürtige Bayer mit prominent besetzten Gala-Abenden den „Flair der Bundespolitik nach Passau holen", wie intern gemunkelt wird. Von der Freistellung der gesamten Lokalredaktion vor Weihnachten habe der Chef allerdings erst spät erfahren und die Entscheidung wohl auch nicht geteilt. Es sei nicht seine Art gewesen, heißt es aus dem Umfeld der PNP, „die Zeitung nur am Newsdesk vollzumachen." Schregelmann habe auf Recherche und gute Schreibe geachtet. Kritiker allerdings bemängeln gerade die journalistische Entwicklung des Blatts, das auch massiv Abonnenten verloren hatte. Wohin es Schregelmann als Nächstes verschlägt, ist offenbar noch nicht geklärt, bei N24 jedenfalls ist sein alter Posten längst besetzt. In Passau laufen die Abfindungsverhandlungen.

SWR 3

Neues aus SWR3-Land: Seit dem 1. Februar ist Thomas Jung (47), Programmchef der Popwelle in Baden-Baden („Der beste Musikmix. Einfach SWR3") mit rund 120 Mitarbeitern. Zuvor war er Programm-Manager und stellvertretender Programmchef. Er löst Gerold Hug ab, der die strategische Unternehmensentwicklung des SWR leiten wird. Um seine durchschnittlich 19-39-jährigen Hörer nicht an die Internet-Streams anderer Sender zu verlieren, will Jung „weiter trimedial arbeiten". Neben dem stark auf die Region Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zugeschnittenen Radioprogramm hat SWR3 im vergangenen Jahr die Internet-Community „SWR3-Land" gegründet, im Fernsehprogramm des SWR hat der Pop-Sender Samstag abends mit „SWR3 Late Night" seinen eigenen Auftritt. Zusätzlich bündelt Jung im „SWR3 Club" 120.000 zahlende Mitglieder. Aufmerksamkeitswirksam platziert SWR3 seit einigen Jahren die eigenproduzierten Radio-Comedy-Reihen, die etwa während der WM („Klinscamp", „Klinsmään") für Beachtung über das Sendegebiet hinaus sorgten. „Comedy ist unser Alleinstellungsmerkmal", sagt Jung, der gerade den Stimmenimitator Andreas Müller zum Chef der Comedy-Abteilung berufen hat. Vor seinem Job als Sendermanager war Jung politischer Redakteur in Bonn, Korrespondent in Frankreich und Chefreporter von SWR3 in Kriegs- und Krisengebieten.

Freie Presse Chemnitz

Mit Torsten Kleditzsch bekommt die Chemnitzer Tageszeitung „Freie Presse" einen neuen Chefredakteur, der den Altersdurchschnitt bei dem Regionalblatt deutlich drücken dürfte. Der Neue ist gerade 41 und blickt schon auf Berufserfahrung als stellvertretender Chefredakteur bei der „Mitteldeutschen Zeitung" in Halle zurück. Wie schafft man es, dass einen gerade die älteren Kollegen ernst nehmen? „Als Chefredakteur hat man nur eine Chance: das eigene Beispiel muss überzeugen", sagt Kleditzsch, der das lokale und regionale Profil der „Freien Presse" mit aktuell rund 330.000 Auflage und 19 Lokalredaktionen künftig schärfen will. „In unserem Erscheinungsgebiet darf keine Debatte stattfinden, die wir nicht aufnehmen und abbilden", sagt er. Aber auch der Mantel, beliebtes Spar-Objekt der lokalen und regionalen Blätter, müsse die Leser überzeugen. „Die Zeitungs-Käufer müssen uns auf jeder Seite erns
t nehmen können, sie müssen die Zeitung als Produkt wahrnehmen, das sein Geld wert ist." Solche Sätze werden seine Journalisten freuen, jetzt darf Kleditzsch nur nicht den Rückhalt seiner Verleger verlieren, die bei der Medien Union in Ludwigshafen sitzen und Synergien schätzen. Spekuliert wurde schon oft, ob sich etwa das Medien-Unions-Blatt „Rheinpfalz" und die „Neue Presse" Artikel ohne regionalen Bezug teilen könnten. Auch über gemeinsame Berlin-Korrespondenten dachten einige laut nach. Entschieden ist noch nichts. In Chemnitz steht Torsten Kleditzsch vor unaufschiebbaren Entscheidungen virtueller Natur: Er muss den urigen Web-Auftritt der „Neuen Presse" auf Vordermann bringen.

SAT.1/TV 21/Agenda Media

Es ist das Comeback zweier Ehemaliger: Sabine Christiansen, Ex-ARD und Stefan Aust, Ex-„Spiegel," werden an fünf Terminen in den Wochen vor der Bundestagswahl im September auf Sat.1 gemeinsam einen Polit-Talk moderieren. Die Sendung trägt den Arbeitstitel „Wahlarena". Unklar war bislang die Frage, ob Christiansens Firma TV21 oder Austs Zukauf Agenda Media die Sendung produzieren würde. „Die Federführung bei der Produktion hat TV21" sagt Aust. „Welchen Anteil Agenda Media haben wird, steht noch nicht fest." Aus dem Umfeld von TV21 wiederum ist zu hören, Christiansen sei an der Produktion kaum beteiligt und Aust erledige den größten Teil. Für den ehemaligen „Spiegel"-Chef bedeutet Wahlarena die Rückkehr ins Moderatoren-Geschäft. Zwar las der 62-Jährige über Jahre hemdsärmelig die Anmoderationen für Spiegel-TV vom Teleprompter ab, seine letzte Gesprächsrunde aber leitete er als kurzzeitiger Nachfolger von Erich Böhme bei Talk im Turm, wo er sich mit einer gewissen hanseatischen Steifheit keinen Namen machte.

Lob & Preis

„Oldenburger Feder"

Dem Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf" war diesmal der ewe-Medienpreis „Oldenburger Feder" für das Jahr 2008 gewidmet. Der Journalistenpreis wird alle zwei Jahre zu wechselnden gesellschaftspolitischen Themen vom Energiedienstleister EWE verliehen. Diesmal ging der 1. Preis an Jutta Hoffritz für ihren „Zeit"-Beitrag „Deutschland in der Mutterfalle", in dem sie das Festhalten an alten Rollenklischees kritisiert (s. a. Seite 72).

Julia Siepmann, „Welt am Sonntag", nahm den 2. Preis für ihre Reportage über einen alleinerziehenden Vater „Papa muss es richten" entgegen. Der 3. Preis in der Kategorie Print ging an das „Stern"-Redaktionsteam Catrin Boldebuck und Doris Schneyink für ihre Titelgeschichte „Raus aus der Teilzeitfalle".

Den Sonderpreis Hörfunk erhielt Doris Schleich vom Bayerischen Rundfunk für „Billige Betreuungskräfte? – Aus dem Alltag einer Tagesmutter". Der Beitrag beschäftigt sich mit der Bedeutung von Tagesmüttern für die Gesellschaft. Judith Gridl und Helga van Ooijen vom Bayerischen Fernsehen erhielten den Sonderpreis Fernsehen für ihre in der ARD gezeigte Dokumentation „Menschenskinder! Familienpolitik in Europa."

Preisstifter: Energiedienstleister

EWE, Oldenburg

Preisgeld: Ingesamt 19.000 Euro

Link: ewe-website: http://arm.in/18W

„Columbus-Radiopreis"

Drei Autoren des Deutschlandfunks werden am 14. März von der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (VDRJ) mit dem Columbus-Radiopreis ausgezeichnet.

Jule Reiner erhält den ersten Preis für ihren Beitrag „Insel der Robbenmenschen – Kalymnos: Begegnungen aus der Tiefe", Jürgen Schillers den zweiten Preis für seine Reportage „Der Wein, die Forelle und das Möp – Tucholsky im Odenwald und Spessart". In der Kategorie Kurzbeiträge wird Folkert Lenz für seine Reportage „Der Eisstecher vom Chimborazo" mit dem Bronzenen Columbus (3. Platz) ausgezeichnet.

Preisstifter: Vereinigung Deutscher Reisejournalisten; Preisgeld: Sieger Kurzbeitrag 1.000 Euro, Langbeitrag 2.000 Euro und jeweils Thomas Cook-Reisegutscheine, Link: www.vdrj.org

MedienEthik-Award META"

Jörg-Ullrich Hahn (FAZ), Frank Wittmann („Die Gazette"), Inga Klees und Eva Simon (MDR-Magazin „FAKT") sowie Annette Langer („Spiegel Online") wurden von Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien (HdM) mit dem undotierten Medienethik-Award META ausgezeichnet.

Die Preisträger hatten sich 2008 nach Meinung der Jury durch „Wertevermittlung in der politischen Berichterstattung" besonders hervorgetan.

Preisstifter: Hochschule der Medien Stuttgart

Link: www.hdm-stuttgart.de/meta

„Television Programming Awards"

Hajo Seppelt und Jo Goll haben mit ihrer Dokumentation „Olympia im Reich der Mittel – Doping in China", die Gold World Medal gewonnen. Die WDR-Produktion wurde im Rahmen der New Yorker „Television Programming and Promotion Awards" als „Best Investigative Report" ausgezeichnet.

Preisstifter: New York Festival

Link: www.newyorkfestival.com

„Erich-Klabunde-Preis"

Dörte Schipper und Gregor Petersen wurden im Januar vom DJV -Landesverband Hamburg mit dem Erich-Klabunde-Preis ausgezeichnet – für ihren Beitrag „Der Luxuskoch vom Hospiz", produziert für die ARD-Reihe „ARD-Exklusiv".

Der Preis wird für sozialkritische und sozialpolitisch herausragende journalistische Arbeiten vergeben.

Preisstifter: DJV Hamburg

Dotierung: 2.500 Euro

Link: www.djv-hamburg.de

> puk-Journalistenpreis

Die Redaktion von „Zündfunk", dem Szenemagazin des „Bayern 2" hat den puk-Journalistenpreis gewonnen, der eine allgemeinverständliche Vermittlung kulturpolitischer Themen auszeichnet. Außerdem wurde Stefan Koldenhoff vom Deutschlandfunk mit dem Preis geehrt, weil er sich brisanter kulturpolitischer Themen annehme und diese in seinen Kommentaren und Beiträgen nachhaltig verfolge.

Preisstifter: „Politik und Kultur", die Zeitung des Deutschen Kulturrates

Dotierung: undotiert

Nächster Termin: 2010

Link: www.kulturrat.de

Linktipp: Eine Dokumentation der Wechsel des Monats mit weiteren Personalien finden Sie unter www.mediummagazin.de, Rubrik magazin+

Erschienen in Ausgabe 03/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 76 bis 76. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.