Blasen und Phrasen

„Der deutsche Markt ist einer der härtesten der Welt"

Wer hat´s gesagt? Kein Verlagsboss, sondern Nestlé-Chef Paul Bulcke. Eine Miniabfrage im Internet zeigt allerdings, dass auch wahlweise China oder Paris die härtesten Märkte der Welt sind. In gewissen Branchen eben. Und auch wenn das alles so sein mag, gemessen an maßgeblichen wirtschaftlichen Faktoren oder Indikatoren, die Aussage ist doch erstens: Wenn es mal nicht so gut läuft, dann ist ja klar, dass es am harten Wettbewerb liegt. Und zweitens: Wenn es gut läuft, dann ist ja klar, dass wir die allerbesten sind. If you can make it here, you’ll make it anywhere. Aber das war Sinatra, und gemeint war New York. Ach.

„Wir haben viel Geduld"

… und die Finanzkrise hat sich im Sommer erledigt. Schon klar. Wer in diesen Zeiten viel Geduld hat, ist Großvater mit guter Pension, auf dem Boden gebliebener Lotto-Millionär oder Zen-Meister. Alle anderen behaupten nur, sie hätten viel Geduld. In Wahrheit wackeln die Vorstände bei ihren Sitzungen hibbelig auf ihren Stühlen rum und denken an die riskanten Investitionen der vergangenen Jahre, die sich noch nicht refinanziert haben. Dennoch ist die Geduld-Nummer natürlich die einzig richtige Vorgehensweise. „In der Ruhe liegt die Kraft", das ist bekannt. Medien ergötzen sich an der Panikmache, aber ebenso schätzen sie abgebrühte Manager mit gelassenen Gesten, die sich durch keine Macht der Welt aus der Fassung bringen lassen. Das Image der Firma und die reale Situation müssen halbwegs zur Gedulds-Pose passen, das schon. Aber mit ein wenig Geduld und Verstand wird aus der Phrase eine selffulfilling prophecy.

„Der Vergleich hinkt"

Eine Störphrase der allerfeinsten Sorte. Das Leben wird durch Vergleiche strukturiert und erleichtert. Vergleiche ermöglichen uns Einordnungen – passend oder unpassend, sinnvoll oder überflüssig. Bei einer Frage, die einen Vergleich zu einem Mitbewerber betrifft, kann man sich schleunigst aus der Affäre ziehen, indem man darauf verweist, der Vergleich „hinke". Wenn man die Frage besonders abqualifizieren will, hinkt der Vergleich sogar „ganz gewaltig". Natürlich besteht bei den meisten Vergleichen immer ein innerer Zusammenhang der beiden Vergleichsgegenstände. Also drohen Nachfragen, warum dieser Vergleich denn „hinke". Hier ist schnelle Reaktionszeit gefragt. Möchte man es etwas volkstümlicher, ist auch die Variation „Da vergleichen Sie Äpfel mit Birnen" erlaubt.

„Punkt!"

Nachfragen nerven. Wenn ein Journalist nicht locker lassen will und immer wieder in derselben Wunde bohrt, oder seine Sicht der Dinge nicht mit der Sicht des CEO, CFO, COO und sonstigen Entscheidungsträgers synchronisieren mag, dann hilft nur eins: einen Punkt machen. Eine definitive Aussage machen, im Sinne von: „Ich stelle noch einmal fest: Herr XY und die Firma Z haben sich in bestem Einvernehmen getrennt. Es hat keinerlei Dissens gegeben." Und dann, laut und vernehmlich, „Punkt" sagen, mit einem Ausrufezeichen. Dabei möglichst nicht rot im Gesicht werden und böse schauen, sondern freundlich lächeln. Lässt sich der Gesprächspartner damit immer noch nicht zur Räson bringen, lässig tun und ihn fragen, ob er noch etwas anderes wissen möchte. Ansonsten zum Kaffee übergehen und über die Abendgestaltung nachdenken. Lächeln.

„Wir haben viel Geduld"

… und die Finanzkrise hat sich im Sommer erledigt. Schon klar. Wer in diesen Zeiten viel Geduld hat, ist Großvater mit guter Pension, auf dem Boden gebliebener Lotto-Millionär oder Zen-Meister. Alle anderen behaupten nur, sie hätten viel Geduld. In Wahrheit wackeln die Vorstände bei ihren Sitzungen hibbelig auf ihren Stühlen rum und denken an die riskanten Investitionen der vergangenen Jahre, die sich noch nicht refinanziert haben. Dennoch ist die Geduld-Nummer natürlich die einzig richtige Vorgehensweise. „In der Ruhe liegt die Kraft", das ist bekannt. Medien ergötzen sich an der Panikmache, aber ebenso schätzen Sie abgebrühte Manager mit gelassenen Gesten, die sich durch keine Macht der Welt aus der Fassung bringen lassen. Das Image der Firma und die reale Situation müssen halbwegs zur Gedulds-Pose passen, das schon. Aber mit ein wenig Glück und Verstand wird aus der Phrase eine self-fulfilling prophecy.

Erschienen in Ausgabe 03/2009 in der Rubrik „Service“ auf Seite 67 bis 67. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.