Gott und die Welt

Mexiko

Präsidiale Medieninitiative

Klaus Ehringfeld,

Mexiko Stadt

Seit sieben Jahren bin ich Korrespondent in Mexiko, und in all den Jahren hat sich keiner der vielen Pressesprecher des Präsidialamts bei mir mal erkundigt, was ich denn so über die Auskunftsfreudigkeit und Hilfsbereitschaft der staatlichen Stellen denke. Als nun Ende vergangenen Jahres im Wochenrhythmus mein Handy klingelte und mich das Präsidialamt immer wieder zu einem Plausch einladen wollte, ahnte ich schon, dass es da nicht wie vorgeblich um die Verbesserung der Kommunikation gehen sollte. Denn inzwischen ist auch bis in die höchsten Stellen Mexikos durchgedrungen, dass es um das Image des Landes im Ausland nicht zum Besten steht. Mexikos Bild in den internationalen Medien hat sich längst vom Land der Strände und Pyramiden zum Land der Mafiosi und Mörder gewandelt. Und Präsident Felipe Calderón höchstselbst hat die Order ausgegeben, dass das nun anders werden müsse. Eine präsidiale Medieninitiative sozusagen. Denn der Staatschef beklagt „informatorische Verzerrungen im internationalen Bereich". So kam ich also in den Genuss eines einstündigen Gesprächs mit der Betreuerin der Internationalen Medien im Präsidialamt. Freundlich und verklausuliert, wie es in Mexiko üblich ist, wurde ich dabei darauf hingewiesen, dass es doch auch noch andere Themen gebe als Gewalt, Drogen, Korruption und die geschätzten 5000 Toten, die allein im Jahr 2008 bei Bandenkämpfen und Ähnlichem ums Leben gekommen sind…Das Gespräch war zwar weit davon entfernt, unangenehm zu sein. Aber irgendwie ging ich schon mit dem Gefühl nach Hause, dass Mexikos höchste Stellen sehr genau lesen, was ich so schreibe – und ihnen das nicht gefällt. Ich bin sicher: Fortsetzung folgt …

Internet: http://presidencia.gob.mx/

Irak

Medialer Wandel

Birgit Svenson,

Bagdad

Fast lautlos vollzog sich schon vor der Amtseinführung des neuen amerikanischen Präsidenten ein medialer Wandel im Irak. Die gro- ßen amerikanischen Fernsehstationen CBS, NBC und ABC haben ihre festen Korrespondenten aus Bagdad abgezogen und legen nun den Fokus auf Afghanistan. Ganz so, wie Barack Obama es für seine Außenpolitik im Wahlkampf angekün- digt hat. Auch CNN hat inzwischen seine Präsenz in Kabul verstärkt und seine Kapazitäten im Irak verkleinert. Gleichwohl hält der Nachrichtenkanal noch immer einen festen Korrespondenten vor Ort in Bagdad. Journalisten, die für große amerikanische Tageszeitungen im Irak arbeiten, erwarten, dass ihre Redaktionen früher oder später ebenfalls das Augenmerk mehr „auf den vergessenen Krieg" in Afghanistan richten und Kapazitäten im Irak abbauen werden. Es entsteht der Eindruck, dass Politik und Regierung die amerikanischen Medien auch weiterhin bestimmen, wie dies seit Anfang des Irak-Krieges in den USA zu beobachten ist. Der blinde Gehorsam gegenüber den politischen Vorgaben erstaunt umso mehr, wenn man das Verhältnis des militärischen Engagements in beiden Ländern betrachtet. Noch sind 130.000 US-Soldatinnen und Soldaten im Irak stationiert, gegenüber 30.000 in Afghanistan. Selbst wenn deren Zahl am Hindukusch um 20.000 aufgestockt wird, ist die Anzahl der Militärs dort ein Bruchteil von denen im Zweistromland. Die amerikanischen Kollegen begründen die Personalreduzierung im Irak deshalb auch mehr mit der Entwicklung des Landes. Die ursprüngliche Berichterstattung über Krieg, Gewalt und Terror würde nun hin zu politischen Prozessen und Wiederaufbau führen. Frieden ist also weniger berichtenswert?

Internet: http://en.aswataliraq.info/

Niederlande

Calvin gegen Linda de Mol

Kerstin Schweighöfer,

Den Haag

Wer mit seinem persönlichen Hochglanzmagazin aufwarten will, braucht normalerweise Glamour und Glitter oder sollte zumindest reich und berühmt sein. So wie Oprah Winfrey mit ihrem „Oprah-Magazine". Oder Linda de Mol, die hinter den Deichen schon seit Jahren mit „Linda!" Erfolge feiert. Dass sich mit dem Glossy-Look aber auch staubige Kirchengelehrte verkaufen lassen, beweist nun der „Boekencentrum"-Verlag aus dem holländischen Zoetermeer: Rechtzeitig zum 500. Geburtstag von Johannes Calvin, der am 10. Juli 1609 im französischen Nouyon als Jean Cauvin geboren wurde, hat „Boekencentrum" die einmalige Hochglanzausgabe „Calvijn!" (Calvin!) auf den Markt gebracht. Inzwischen ist die zweite Auflage erschienen. Die erste (11.000 Exemplare) war schon am ersten Tag vergriffen. In Zeiten von Globalisierung und Krisen scheinen auch die Niederländer verstärkt in der vermeintlichen Geborgenheit der Vergangenheit Halt zu suchen und besinnen sich auf ihre calvinistischen Wurzeln. In Reportagen, Hintergrundberichten und Interviews wird der Mitbegründer des Protestantismus in einem überraschend neuen Licht präsentiert: So entpuppt sich Calvin in einem fingierten Gespräch als Arbeitstier, der jedoch nichts gegen ein gutes Glas Wein einzuwenden hat. Die Prädestinationslehre, stellt er klar, sei so alt wie die Menschheit und nicht auf seinem Mist gewachsen. Und was heißt hier trocken oder verstaubt? „Calvin", so die niederländische Kirchenhistorikerin Mirjam van Veen in ihrem Artikel, „ist der Obama des 15. Jahrhunderts." Noch hat aber „Linda!" mit einer Auflage von 140 000 mehr Erfolg.

Internet: www.calvijnglossy.nl

Philippinen

Gaffen statt Girliebar

Hilja Müller,

Mindoro

Die Insel Mindoro ist eines der beliebtesten Urlaubsziele der Philippinen. In den klaren Gewässern vor Puerto Galera liegen zahlreiche erstklassige Tauchreviere, im Nachbarort Sabang mit seinen Discos und Girliebars wird jede Nacht zum Tag gemacht. Doch statt von der örtlichen Partyszene zu schreiben, wollte ich über die Mangyanen, die Ureinwohner der Insel, berichten. Ein friedliebendes Volk mit reicher Kultur, das seit Jahrhunderten der Vertreibungspolitik der regierenden Filipinos weicht und nun bitterarm in den steil aufragenden Bergen Mindoros haust. Ein katholischer Missionar aus Deutschland, der seit Jahrzehnten mit den Mangyanen lebt, nahm mich mit zu einer Siedlung des Iraya-Stammes. Ausgerüstet mit Neugier, Schreibblock und Kamera begegnete ich den scheuen Menschen. Die Verständigung mit Worten war schwierig, und in den Blicken der Mangyanen las ich viel Misstrauen, auch Abneigung. Es war klar, wofür sie mich hielten: Eine Gafferin, die mal eben aus ihrem teuren Hotel einen Abstecher macht, um ein paar Fotos zu knipsen. In diesem Fall rettete mich mein Begleiter, dem die Mangyanen vertrauen und der sich problemlos mit ihnen verständigen kann. Dennoch blieb ein tiefes Unbehagen über meine Rolle als professioneller Voyeur. Erzählen werde ich die Geschichte der Mangyanen trotzdem. Sie haben Artikel verdient, die ihre elende Situation im Urlaubsparadies schildern. Auch wenn sie viel zu scheu sind, um das zu fordern.

Internet: www.mangyan.org

Norwegen

Reklame-unwillige Politiker

Clemens Bomdorf,

Kopenhagen

Politiker streben gerne ins Rampenlicht und werben für die eigene, also gute Sache. Das gilt natürlich besonders im Wahljahr. Dann verschwimmt schon mal die Grenze zwischen politischer Information und Werbung. In Norwegen war das bisher ein wenig anders, denn politische Werbung im Fernsehen war bislang verboten. Nun hat der europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass dieses Verbot nichtig ist. Zwar ist Norwegen nicht in der EU, aber im Europarat und hat sich deshalb an den Entscheid zu halten. Die führenden Politiker des Landes sind darüber gar nicht so glücklich, wie man erwarten würde. Anscheinend haben sie nur wenig Lust, Werbung zu machen. Bisher hat nur die rechtsliberal bis rechtspopulistische Fremskrittspartiet (FrP) angekün- digt TV-Reklame machen zu wollen. Die liberale „Venstre" ist zwar dagegen, aus ideologischen Gründen politische Werbung zu verbieten, weiß aber nach eigenen Angaben selber noch nicht, ob sie für sich im Fernsehen werben will. Der sozialdemokra
tische Kultusminister Trond Giske hingegen will Möglichkeiten finden, das Verbot aufrechtzuerhalten. Ob mit oder ohne Parteienwerbung – die norwegischen Parlamentswahlen werden auch 2009 in deutschen Medien vermutlich wenig Aufmerksamkeit bekommen. Die Wah- len werden wieder in nur kurzem Abstand zu den Bundestagswahlen in Deutschland stattfinden. Da ist das Interesse an dem kleinen, aber reichen nordischen Land gering.

Internet: www.tv2.no

Serie

Die Nachrichten rund um den Globus aus verschiedenen Ländern werden regelmäßig in „medium magazin" veröffentlicht. Die Autoren sind Mitglieder von Weltreporter.net. Homepage: www.weltreporter.net, eMail: cvd@weltreporter.net.

Erschienen in Ausgabe 03/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 60 bis 61. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.