Mutig!

Der Werdegang der Titelgeschichte über das Erfolgsgeheimnis von „Landlust“ und „brand eins“ ist allein schon eine Geschichte. Am Anfang stand die Frage, was machen eigentlich die beiden gegen den Trend so erfolgreichen Blätter anders als die anderen? Gibt es womöglich Gemeinsamkeiten der beiden Magazine, die auf den ersten Blick so unterschiedlich sind – das eine ein Wohlfühlblatt für Landliebhaber, das andere ein Wissensmagazin für Wirtschaftsinteressierte? Wir wollten deshalb die beiden Frauen zusammenbringen, die hinter dem jeweiligen Konzept stehen: Ute Frieling-Huchzermeyer von „Landlust“ und Gabriele Fischer von „brand eins“. Die Idee fand bei beiden Widerhall, ein gemeinsamer Termin in Münster war schnell gefunden. Doch dann das: Erst schlug die Grippewelle bei „brand eins“ zu und machte die Chefin in der Redaktion unverzichtbar. Dann, beim zweiten Anlauf, spielte die Bundesbahn nicht mit, sodass das Treffen erneut platzte. Viel Spielraum im Terminkalender der beiden Blattmacherinnen gab es ohnehin nicht: Sowohl bei „Landlust“ als auch bei „brandeins“ ist das Redaktionsteam zu klein, als dass viel delegiert werden könnte. Zeit ist für beide der wahre Luxus. Dass das Doppelporträt dennoch klappte, ist Eva-Maria Schnurr zu verdanken, die hartnäckig Ute Frieling-Huchzermeyer in Münster und Gabriele Fischer in Hamburg besuchte – und beim ursprünglich für beide geplanten Fototermin in Münster „brand eins“ hochhielt (s.Foto unten). Die Ergebnisse ihrer Recherchen sind lehrreich und Mut machend für diejenigen, die trotz allgemeiner Medienkrise und Printabgesängen an kreativen, guten Journalismus glauben (Seite 16 ff.).

Mut wird auch dringend gebraucht: In Zeiten wie diesen wächst nicht nur der finanzielle Druck, auch der Druck, Dinge „schön zu schreiben“ nimmt zu, sagt Roland Tichy. Der Chefredakteur der „WirtschaftsWoche“ spricht bemerkenswert offen aus, was immer mehr Journalisten, gerade in der Wirtschaftspresse, umtreibt: Die eigene Unsicherheit, wie denn mit der Krisenstimmung publizistisch umzugehen sei. Doch darin ist er sich ganz sicher: Wer jetzt dem Druck zum „Schönschreiben“ nachgibt, wird die Basis verlieren, auf der Journalismus gedeihen kann: Glaubwürdigkeit für den Leser und Zuschauer (Seite 56). Dem kann man in diesen Zeiten nicht laut genug und nicht oft genug zustimmen.

Mut ist ebenso gefragt im Widerstand gegen Versuche, politischen Druck auf Journalisten auszuüben. Das jüngste Beipiel: Der Versuch des hessischen Ministerpräsidenten, die Vertragsverlängerung des ZDF-Chefredakteurs zu verhindern. Jenen Mut haben ZDF-Größen wie Claus Kleber, Maybrit Illner und Bettina Schausten mit ihrem offenen Protestbrief lobenswert bewiesen. Wie absurd noch dazu das Quoten-Argument ausgerechnet aus dem Munde eines Politikers ist, der vorgeblich doch den gesellschaftlichen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hochhält, sagt auch ein Mann deutlich, der es genau wissen muss: Programmforscher Hans-Jürgen Weiß (Seite 12 f.). Man mag über die Amtsführung von Nikolaus Brender in Mainz unterschiedlicher Meinung sein, doch das Vorgehen von Roland Koch zieht den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Misskredit.

In eigener Sache: Neues aus der Redaktion: Katy Walther hat sich vorläufig verabschiedet, sie bekommt im April ihr zweites Kind. Neu im Redaktionsteam ist Jochen Brenner, der als freier Autor in Hamburg bereits seit Langem für uns schreibt. Ebenfalls neu an Bord: Thomas Strothjohann, der in Darmstadt Onlinejournalismus studiert und seit Januar auch zum Twitter-Team von mediummagazin gehört, das von Ulrike Langer angeführt wird. Wie rasant sich Twitter auch als Möglichkeit für Medien entwickelt, konnten wir erfreulicherweise an den Reaktionen auf unseren eigenen Redaktionstwitter (seit Mitte Januar) feststellen.

Überzeugen Sie sich selbst unter www.mediummagazin.de. Dort finden Sie auch eine Menge Zusatzinformationen zum aktuellen Heft in der Rubrik „magazin +“ – und gute Argumente von Ulrike Langer, warum Journalisten twittern sollten.

Annette Milz

Erschienen in Ausgabe 03/2009 in der Rubrik „Editorial“ auf Seite 3 bis 5. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.