„Ich kenne keine Probleme, nur Herausforderungen."
In der Krise gibt es manches Comeback. Alt-Verleger stehen plötzlich wieder im Rampenlicht und werden gefeiert. Bezahl-Inhalte versprechen einen ganz neuen Sex. Und totgeglaubte Phrasen aus Großvaters BlaBla-Brevier finden heuer auch wieder den Weg in den Mund eines Vorstandschefs. Hätte im Ernst jemand geglaubt, dass heutzutage ein Manager noch von „Herausforderungen statt Problemen" reden würde?
Bertelsmann-Chef Hartmut Ostrowski hat es in einem Interview getan. Gewinn eingebrochen, Aussichten düster. Was will man da auch schon groß sagen? In schweren Zeiten greift man halt gerne auf die Klassiker zurück. Aber Vorsicht! Diese Old-School-Phrase kann nur eine Verlegenheitslösung sein.
„Wir sind der festen Meinung/Auffassung, dass sich am Ende Qualität durchsetzen wird."
Das ist schon besser, wenngleich das hohe Lied von der Qualität in manchem Ohr auch ein wenig abgenudelt klingen mag. Viele müssen sparen, Stellen werden abgebaut, Leute gar entlassen, Betriebsteile geschlossen. Das ist nicht angenehm und so ist es kein Wunder, wenn sich Führungskräfte rein verbal an den Rettungsanker „Qualität" klammern. Eine diffuse „Qualität" zu beschwören, klappt eigentlich immer – wer will schon was dagegen sagen? Siehe auch: „Wir wollen noch bessere Qualität zu geringeren Kosten", „Qualitäts-Journalismus", „Inseln der Qualität" und „Unsere wichtigsten Leitlinien heißen Innovation und Qualität" aus früheren Folgen dieser Reihe. Eine nette Abart der Qualitäts-Phrase in Krisenzeiten übrigens: „Intelligentes Sparen".
„Wir leiden/jammern auf hohem Niveau!"
Viel besser! So was ist die richtige Phrase in der Stunde der Krise und im Angesicht der Kritiker. Gewinn bricht ein? Auflage sinkt? Betriebsrat auf den Barrikaden? Die Stimmung in der Redaktion ist mies? Ach was! Wir jammern hier schließlich auf hohem Niveau! Dann im Schweinsgalopp ab durch die jüngsten Schreckensmeldungen aus Übersee, wo alles noch viel, viel schlimmer ist. Der Kritiker ist ruhig gestellt, die eigene Leistung ins rechte Licht gerückt und Nachfragen sind zwecklos – wer will schon zu den Jammerlappen gehören?
„Klare Kante"
Das ist es, was man in harten Zeiten braucht: Manager, die eine klare Kante zeigen oder ziehen, reden Klartext, lassen sich kein X für ein U vormachen, krempeln die Ärmel hoch und sprechen die Sprache der kleinen Leute. Bundeswirtschaftsminister Guttenberg ist so einer, der bei General Motors in Detroit klare Kante gezeigt hat. Gebracht hat es freilich nix. Oder der frisch gebackene Gruner + Jahr -orstandschef Bernd Buchholz, dem stets nachgesagt wird, dass er klare Kante zieht. Bei der klaren Kante schwingt stets eine gewisse Hemdsärmeligkeit und ein Quentchen Machotum mit. Aber das muss ja kein Nachteil sein. Im Gegenteil.
Erschienen in Ausgabe 04+05/2009 in der Rubrik „Service“ auf Seite 69 bis 69. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.