dpa weiter unter Druck

Die Deutsche Presseagentur findet sich in immer unsicheren Zeiten wieder: Nachdem die WAZ-Gruppe für viele ihrer Titel die Verträge mit der dpa hat auslaufen lassen, prüft derzeit auch die „Hannoversche Allgemeine Zeitung" (Ippen-Gruppe), ob sie ohne die Dienste des Marktführers auskommen kann. Sechs Wochen versucht die Redaktion, ihre Zeitung mit anderen Agenturen zu bestücken. Erst im Anschluss soll entschieden werden, ob die laufenden Verträge mit dpa bleiben.

Unterdessen hat dpa mit einer eindrucksvollen Personalie auf den Veränderungsdruck reagiert: „Spiegel Online"-Chefredakteur Wolfgang Büchner wird auf dpa-Chefredakteur Wilm Herlyn folgen (siehe auch Seite 76). Die Hoffnung: Büchner, der bereits für andere Agenturen gearbeitet hat und so mit dem Agenturwesen vertraut ist, könnte der von Verlagen getragenen dpa helfen, bisherige Versäumnisse bei modernen Kommunikationsformen abzubauen. Auch soll Büchner helfen, den Dienst attraktiver zu gestalten. Das Problem der dpa, aber auch ihrer Mitbewerber: Internetportale wie der Marktführer „Spiegel Online" liefern noch immer meist schneller Analysen als die Agenturen – vor allem über Nacht.

Wie sehr die dpa unter Druck steht, machte im März auch ihr Dienstchef Politik Inland, Jörg Blank, auf einer Veranstaltung der Bundeszentrale für politische Bildung zum Agenda-Setting deutlich. Dort räumte er etwa ein, seit der Präsenz des Internets allenfalls noch an Wochenende wirklich Themen setzen zu können. Auch beschrieb Blank Probleme der Agentur im Umgang mit dem Kurznachrichtendienst Twitter: Sowohl beim Amoklauf in Winnenden als auch bei der Wasserung des Flugzeugs bei New York habe dpa Wissensstände vermeldet, die auf Twitter längst von Augenzeugen und kritischen Beobachtern korrigiert wurden. „Wir suchen da noch unseren Weg", sagte Blank. Dabei gehe es nicht darum, blind zu bernehmen, was im Netz vermeldet würde, sondern schnell auf Indizien zu reagieren und sie auf ihre Glaubwürdigkeit abzuklopfen. Büchner, selbst ein Twitterer, könnte da helfen.

Im April hat die dpa außerdem ihren neuen türkischen Dienst in Betrieb genommen: In Berlin arbeiten unter Leitung des ehemaligen Türkeikorrespondenten Ingo Bierschwale (56) fünf weitere Redakteure an dem Ziel, täglich sowohl auf Deutsch als auch auf Türkisch 50 Meldungen über das Geschehen in der hiesigen Politik, aber auch in der türkischen Szene in Deutschland in den Dienst zu geben. Derzeit wird auch überlegt, den inzwischen profitablen Dienst „dpa-Kindernachrichten" in das deutsch-türkische Projekt einzubinden, das probeweise neben der „Hürriyet" unter anderem auch der WDR und die „Augsburger Allgemeine" bezogen haben. Daniel Bouhs

Erschienen in Ausgabe 04+05/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 9 bis 9. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.