Der Moment kommt, früher oder später. „Zeig doch mal deinen Führerschein", sagt der Kollege aus der Grafik zum Redaktionsleiter. Woraufhin Männer mit Seitenscheitel sich charmante Beleidigungen anhören müssen: „So ein Wilder warst du also" und „interessante Frisur", hören die Damen, die ihre Zeit als Dauerwellenstar gerne aus ihrer Frisurbiografie ausradieren würden. Unser prominentes Foto-Opfer Nr.2 (nach Peter Kloeppel in mm 3/09) ist der Mann, dessen Nachname wie seine Blätter anfängt- mit G wie Gaede & Geo: Der Chef der Geo-Gruppe, Vorstandsmitglied Gruner+Jahr und Vorzeigejournalist des Hamburger Verlags:
Peter-Matthias Gaede: „Wann und wo und von wem dieses Foto gefertigt wurde: Ich weiß es nicht. Aber der Pullover war grün. Was sowohl zur Farbe, nun ja, von einem Paar Schuhe passte, die ich schamfrei trug. Wie auch zu meiner Hoffnung. Es müssen die 1970er-Jahre gewesen sein. Vermutlich blickte ich voller Zuversicht auf die Aufnahmeprüfung an der Gruner+Jahr-Journalistenschule. Noch hatte deren damaliger Leiter Wolf Schneider mich so nicht gesehen; wie auch die anderen Bärtigen nicht. Und auch nicht jenen in den Latzhosen. Aber wir haben ihm nichts erspart. War nett. Wir fusselten noch ein bisschen, und manchmal faselten wir ein bisschen, waren aber im Grunde knallharte Leistungsethiker. Der Bart war nicht Design, sondern – form follows function – Ausdruck unserer Funktion als Aufklärer. Warte, Welt, wir neuen Journalisten kommen – und wo du lügst, wo du zu glatt wirken willst, wird’s haarig werden. Außerdem war Ganzkörper-Rasur, die Sehnsucht nach dem ewigen Babykörper, noch keine Option im Bewusstseins-Set, überdies keine Hygiene-Strategie im intergeschlechtlichen Austausch. Und schließlich hatte man nicht Sozialwissenschaften studiert, um dann wie ein BWL-Mensch auszusehen. Auf Ihre erstaunte Frage in der Überschrift kann ich also retrospektiv nur antworten: Ja wie denn sonst?!."
Erschienen in Ausgabe 04+05/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 12 bis 12. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.